Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin

Bezeichnung potentielles quotatives EMV oder MV mit schlafender quotativepistemischer
Lesart gerecht.
Zweitens möchte ich auf eine Besonderheit hinweisen, die das Verb dürfen
betrifft. In seiner Indikativform kann dürfen nur als DMV auftreten (57). Seine
Konjunktivform hat sich hingegen weitgehend auf die epistemische
Verwendung festgelegt. Eine deontische Interpretation ist wenn überhaupt
nur ganz marginal möglich (58).
(57) *Clara darfEMV den Film gesehen haben.
(58) Wenn ich ihre Mutter wäre, dürfteDMV Clara den Film sehen.
Auf dieser Beobachtung basierend deklariert Wurmbrand (2001) dürfteEMV
sogar als eigenes Lexem. Dieser Aufspaltung folgen wir nicht, da die
Konjunktivform dürfte im Gegensatz zur (theoretischen) Konjunktivform
möchte durchaus noch in seiner ursprünglichen konjunktivischen Bedeutung
Verwendung findet, siehe Beispiel (9) und (10) auf Seite 9.
Polyfunktionalität erweist sich hiermit als Merkmal, das allen MV zuteil wird.
Nun stellt sich aber die Frage, inwieweit dieses Merkmal nur auf die bisher
betrachteten sieben Lexeme zutrifft. Und es zeigt sich, daß ähnliche
Phänomene auch bei anderen Verballexemen auftreten:
(59) a. Clara wird den Film sehen.
b. Clara wird den Film gesehen haben.
(60) a. Clara braucht den Film nicht (zu) sehen.
b. Clara braucht den Film nicht gesehen (zu) haben.
Auch in diesen Fällen tritt ganz analog zu den sieben bisher betrachteten
Lexemen der oben erläuterte Effekt auf. Nebenbei sei auf eine Besonderheit
von brauchen hingewiesen, die darin besteht, daß es als MV nur mit
Negation akkzeptabel ist. Im Anschluß untersuchen wir, inwieweit es Sinn
macht, diese beiden Lexeme zur Gruppe der MV hinzuzufügen.
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