Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin

(19) D.h. dag kann das gar nicht so im ORF-Frühradio gehört haben.
(Der Standard 21.01. 2004)
Auch wenn sich dann zugegebenermaßen im Falle von können DMV und
EMV kaum noch unterscheiden lassen, abgesehen davon, daß nur letztere
im Fragesatz akzeptabel sind. Interessanterweise tritt auch vereinzelt bei
mögen ein ähnliches Verhalten zu Tage:
(20) Wer mag/kann das gewesen sein?
(21) Wer mag/kann der Herr wohl von diesem Häuschen sein ?
Diese Ähnlichkeit sollte uns eigentlich wenig wundern, da mögen lange Zeit
zum Ausdruck einer abstrakten Möglichkeit herangezogen wurde, also die
gleiche Funktion inne hatte, wie das gwd DMV können. Die Verwendungen in
(20) und (21) sind in diesem Sinne Reminiszenzen seiner früheren Semantik.
Es ist offensichtlich genau dieser Gebrauch von können, der vielfach und
irreführenderweise als objektiv epistemischer Gebrauch bezeichnet wurde –
wie von Öhlschläger (1989). Diese Behauptung ist mit dem Problem
konfronitiert, zu erklären, worin der Unterschied zwischen objektiv
epistemischen können und DMV können besteht. Ich habe keinen gefunden,
weshalb ich zumindest für können keine objektiv epistemische Lesart
annehme.
Trotzdem kann die Behauptung, daß EMV sich prinzipiell nie mit
Fragesätzen vertragen, nicht aufrechterhalten werden. Je nach Typ der
Frage und Eigenheiten des Lexems sind gewisse Kombinationen zulässig.
Reis (2001:296f) postuliert für die EMV eine assertive Restriktion mit
unscharfen Rändern, die je nach EMV differieren. Daß Epistemizität aber
dennoch mit Fragesätzen schwerlich in Einklang zu bringen ist, zeigt der
Umstand, daß sich auch epistemische Satzadverbien nicht in solche Sätze
einbetten lassen.
(22) *Wohin habe ich vielleicht/wahrscheinlich/sicher meinen
Schlüssel gelegt?
60