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Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin

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Diese verweisen nämlich darauf, daß nicht der Sprecher der Urheber der<br />

Proposition ist, sondern jemand anders. Im Falle von wollen ist diese andere<br />

Person notwendigerweise mit Satzsubjekt ident, im Falle von sollen<br />

notwendigerweise von diesem verschieden. Diewald (1999: 136&225ff.)<br />

begründet diese markante Abweichung dieser beiden E(?)MV damit, daß ihre<br />

modale Quellen beide <strong>ein</strong> volitives Element enthalten: <strong>ein</strong>mal ist der Wille<br />

des Satzsubjekts involviert, das andere Mal <strong>ein</strong> fremder.<br />

Doch ist es vor allem wollen, das uns schweres Kopfzerbrechen bereitet: im<br />

Unterschied zu allen übrigen EMV ist es klar Kontrollverb, kann es<br />

problemlos erfragt werden (26, 27) und ohne weiteres weiten<br />

Negationsskopus tragen (28).<br />

(26) Was wollen die denn schon darüber wissen?<br />

(27) Will sie ihn schon gesehen haben?<br />

(28) Er [will nicht] dort gewesen s<strong>ein</strong>. Das hat er nie behauptet.<br />

Das alles spricht tatsächlich dafür, zumindest wollen nicht zu den EMV zu<br />

zählen. Gestärkt wird diese Annahme dadurch, daß in anderen Sprachen<br />

Verben mit <strong>ein</strong>er wollen entsprechenden Bedeutung gar nicht zu den MV<br />

gezählt werden, wie im Englischen. 46 Darüber hinaus tritt offensichtlich<br />

vergleichbare ”Polyfunktionalität” (?) auch in Wendungen mit ähnlicher<br />

Bedeutung auf:<br />

(29) Ihm ist wichtig, in <strong>Berlin</strong> studiert zu haben.<br />

(i) Denn für s<strong>ein</strong>e persönliche Entfaltung war dies unabdingbar.<br />

Implikation: er hat wirklich dort studiert.<br />

(ii) Er legt Wert darauf, daß wir von ihm denken, er habe in <strong>Berlin</strong><br />

studiert. Ob er es wirklich getan hat, bleibt offen.<br />

So gesehen könnte man m<strong>ein</strong>en, daß wollen + INFINITIV PERFEKT gar<br />

k<strong>ein</strong> epistemischer Gebrauch ist, sondern dem <strong>ein</strong>fachen Vollverbgebrauch<br />

zuzurechnen ist.<br />

46 Siehe Abraham (2001), Classen (1987).<br />

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