Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin
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Lehmanns (1995: 25ff.) Ansatz zeichnet sich des weiteren durch die<br />
Annahme von sogenannten GR-Kanälen aus. Jedes Lexem ist aufgrund<br />
s<strong>ein</strong>er Bedeutung und syntaktischen Funktion für <strong>ein</strong>en oder mehrere<br />
bestimmte GR-Kanäle prädestiniert. Ein solcher GR-Kanal legt für das<br />
betreffende Element nun fest, auf welche Weise es sich entwickeln kann.<br />
Den für die MV relevanten Kanal beschreibt Lehmann (1995: 27&33) auf<br />
folgende Weise: Aus bestimmten Vollverben entstehen zunächst die MV, die<br />
mit fortschreitendem Grade der GR sich in Modusaffixe verwandeln.<br />
Während für die Stufe der MV genügend Evidenz vorliegt, hat Lehmann<br />
jedoch für aus MV entstandene Modusmorpheme noch k<strong>ein</strong>e Belege<br />
gefunden. Diewald (1999: 21&181f.) pflichtet Lehmann in ihrem Ansatz bei,<br />
indem sie zu zeigen versucht, daß die (E)MV im Deutschen bereits<br />
vollständig ins Modusparadigma integriert sind, was gewissermaßen als<br />
unentbehrliche Vorstufe zur Entwicklung hin zum Affix aufzufassen ist. Ich<br />
schließe mich aber an dieser Stelle der M<strong>ein</strong>ung von Reis (2001: 293) an,<br />
der zufolge die deutschen MV (noch) nicht als Teil des Modusparadigmas zu<br />
sehen sind.<br />
Bieten die GR-Kanäle <strong>ein</strong>e Lösung für Lightfoots Problem, daß sich<br />
Sprachwandel nicht vorhersehen läßt? N<strong>ein</strong>, auch das Konzept der GR-<br />
Kanäle ist im Endeffekt nicht im Stande, die Entwicklung <strong>ein</strong>es<br />
Zeichens/<strong>ein</strong>er Zeichenkombination vorherzusagen. Denn, wie wir im<br />
weiteren Verlauf der Arbeit noch sehen werden, sagt der gegenwärtige Grad<br />
der GR <strong>ein</strong>es Lexems all<strong>ein</strong>e niemals etwas darüber aus, ob und wie dieses<br />
sich entwickeln wird. Da Sprachwandel zum großen Teil <strong>ein</strong>er<br />
unüberschaubaren Fülle an außersprachlichen Faktoren unterworfen ist, die<br />
Lightfoot als ”Zufall” umschreibt, läßt er sich nicht zuverlässig voraussagen.<br />
Sprachentwicklung bleibt somit ebenso schwer vorhersagbar wie die Zukunft<br />
selbst. Nichtsdestotrotz kann Lehmanns Konzept der GR-Kanäle zumindest<br />
Hilfestellung s<strong>ein</strong>, um vergangene Formen zu rekonstruieren.<br />
3.1.3 Weitere theoretische Voraussetzungen.<br />
Eine weitere Schwierigkeit, mit der die diachrone Syntax zu kämpfen hat,<br />
hat Lightfoot (1979: 5ff) schon angedeutet: Syntax ist gleichsam ”unsichtbar”.<br />
Im Unterschiede zur Phonologie, die in der Regel auf phonetisch<br />
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