Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin
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Zahlreiche Gründe sprechen nun dagegen, Transitivität zur Klassifizierung<br />
der MV heranzuziehen. Einerseits hat sich das in 1.1 vorgeschlagene<br />
Kriterium (viii) nicht bewahrheiten können, da <strong>ein</strong>ige der MV-Lexeme<br />
(können, mögen) auch als transitive Verben mit nominalen Objekt<br />
auftreten. 11 Andererseits existieren darüberhinaus noch MV-Lexeme<br />
(möchte, wollen, volitives (nicht) mögen), die zwar auch transitiv gebraucht<br />
werden können, aber lediglich sententiale Objekte subkategorisieren. 12<br />
Hinsichtlich der Transitivität erweisen sich die MV also äußerst heterogen.<br />
Zum <strong>ein</strong>en verfügen nicht alle dieser Verben über die Fähigkeit, transitiv zu<br />
konstruieren. Zum anderen verhalten sich all jene Formen, die <strong>ein</strong>e transitive<br />
Verwendung erlauben, bei weitem nicht <strong>ein</strong>heitlich. Das heißt, Transitivität<br />
taugt nicht, als Generalisierung über MV, sie vermittelt uns vielmehr den<br />
Eindruck, welche Vielfalt diese Klasse in sich birgt.<br />
1.2.2 Status und Kohärenz.<br />
Im Gegensatz zur eben besprochenen Transitivität stellen Status und<br />
Kohärenz verhältnismäßig junge Konzepte dar. Sie gehen beide auf die<br />
wegweisenden Studien über das deutsche Verbum infinitum von Gunnar<br />
Bech (1955/57) und sind aus der heutigen Infinitivsyntax nicht mehr<br />
wegzudenken.<br />
Bech geht davon aus, daß die Verben in Deutschen nicht nur nominale und<br />
sententiale Komplemente subkategorisieren können, sondern auch verbale<br />
Komplemente. Während sie bei nominalen Objekten den Kasus regieren,<br />
11 Natürlich könnte man nun behaupten, daß im Falle dieser transitiven Verben gar nicht von<br />
<strong>Modalverben</strong> die Rede s<strong>ein</strong> kann, sondern lediglich von syntaktisch völlig verschiedenen<br />
Homonymen. Auf diese Diskussion kommen wir im Verlauf der Untersuchung noch zurück.<br />
12 Diese Unterscheidung der transitiven Formen ist sicher nicht ganz unumstritten. Diewald<br />
(1999: 54) ist der M<strong>ein</strong>ung, daß wollen in Analogie zu mögen und können in der<br />
Fähigkeitslesart auch für nominale Komplemente subkategorisiert ist:<br />
(1) Sie will/möchte <strong>ein</strong> Eis (haben).<br />
Nach Öhlschläger (1989: 68ff.) handelt es sich in diesen Fällen jeweils um Ellipsen des<br />
Infinitivs. Den entscheidenden Punkt in der Frage, ob nun <strong>ein</strong>e Ellipse vorliegt oder nicht, sieht<br />
er in der Form des zu ergänzenden Infinitivs. Muß jedesmal der Infinitiv <strong>ein</strong> und desselben<br />
Lexems hinzugefügt werden, ist nach Öhlschläger von <strong>ein</strong>er Ellipse die Rede. Im Fall vom<br />
(verm<strong>ein</strong>tlich) ”transitiven” wollen trifft dies zu. In jedem Fall lassen sich die Infinitive haben und<br />
auch bekommen ergänzen.<br />
Die Diskussion kann hier nicht endgültig entschieden werden. Deswegen betrachte ich<br />
sicherheitshalber nur jene MV als transitiv mit nominalen Komplement, über die weiter Konsens<br />
herrscht, also können in der Fähigkeitslesart mögen als primäres Experiencerverb.<br />
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