Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin
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muttersprachlicher Kompetenz Sätze aus älteren Stufen der deutschen<br />
Sprache nach ihrer Akzeptabilität hin zu bewerten. Somit sind wir <strong>ein</strong>er<br />
Methode beraubt, die eigentlich konstitutiv für die synchrone Syntax ist. Die<br />
<strong>ein</strong>zigen verwertbaren empirischen Daten, die uns verbleiben, sind<br />
überlieferte Handschriften, deren sprachliche Korrektheit wir <strong>ein</strong>fach<br />
voraussetzen müssen. Eine diachrone Analyse der Syntax wird weiter<br />
dadurch erschwert, daß die früheren Daten stets in regional beschränkten<br />
Dialekten verfaßt wurden, denen jeweils unterschiedliche Grammatiken<br />
zugrunde lagen. Dialektübergreifende Behandlungen der Syntax von frühen<br />
deutschen Sprachzeugnissen haben also mit größter Vorsicht zu erfolgen.<br />
So gesehen muß diachrone Syntax zum großen Teil sehr spekulativ bleiben.<br />
Zusammenfassung.<br />
Abschnitt 3.1 nahm sich vor, zu skizzieren, worin die Grenzen und die<br />
Möglichkeiten von diachronen Untersuchungen bestehen. Lehmann (1995)<br />
und Lightfoot (1979) steuerten mit ihren Konzepten des GR-Kanals und der<br />
Re-Analyse wertvolle Instrumente für unsere Zwecke bei, was aber die<br />
prinzipiellen Schwierigkeiten, mit denen sich diachrone Betrachtungen der<br />
Syntax konfrontiert sehen, bei weitem nicht neutralisiert. So warnt Lightfoot<br />
selbst davor, formale Regeln wie Transformationsregeln für den<br />
Syntaxwandel zu postulieren, und er geht vielmehr davon aus, daß<br />
Syntaxwandel nicht formal zu erfassen ist. Auf der anderen Seite droht uns<br />
unsere heutige Grammatik, unser heutiges Sprachgefühl, den Blick auf die<br />
Gestalt der Syntax früherer Sprachstufen zu verstellen. Ohne<br />
muttersprachliche Kompetenz der früheren Grammatiken verfügen wir nicht<br />
über die Möglichkeit, Sätze aus vergangenen Sprachstadien hinsichtlich ihrer<br />
Akzeptabilität zu bewerten. Das wohl wichtigste Werkzeug der synchronen<br />
Syntaxtheorie ist uns an dieser Stelle also versagt.<br />
3.2 Der Beginn der Entwicklung.<br />
Die Vorgänger der heutigen MV lassen sich allesamt schon in frühesten<br />
Dokumenten der deutschen Sprache finden, wenn auch meistens in <strong>ein</strong>er<br />
anderen Form. Bis auf muozan sind all diese Verben auch noch als Vollverb<br />
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