Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin

Zu den eben beschriebenen morphologischen Besonderheiten der EMV
gesellen sich noch jene, die den MV generell gemein und sie somit nicht von
den DMV unterscheiden. Einen Überblick über jene Kriterien geben unter
anderem Durbin/Sprouse (2001).
2.1.2 Syntaktische Unterschiede.
In der MV-Forschung wurde immer wieder versucht, die verschiedenen
Gebrauchsformen auf wesentliche Unterschiede in ihren syntaktischen
Strukturen zurückzuführen.
Abraham (2001, 2003a,b, 2004) und Diewald (1999) analysieren in der
Tradition von Ross (1969) die DMV durchgängig als Kontrollverben und die
EMV durchgängig als Anhebungsverben. Daß eine derartige Analyse nicht
aufrechtzuerhalten ist, zeigte schon der Abschnitt 1.2.3, der Vorkommen von
DMV in Anhebungskonstruktionen belegt. Abgesehen davon existiert mit
wollenEMV ein EMV, das zweifellos ein Kontrollverb ist. Erstens geht die
Subjektswahl nicht vom eingebetteten Infinitiv aus, sondern vom MV, wie
(10) beweist, und zweitens besteht darüber hinaus eine thematische Relation
zwischen MV und Matrixsubjekt, die sich folgendermaßen beschreiben läßt:
der Subjektagens besteht darauf, daß die Infinitivhandlung Gültigkeit besitzt.
Auch viele andere Autoren, wie Kiss (1995), Öhlschläger (1989) und Reis
(2001) zählen wollenEMV zu den Kontrollverben.
(9) Der Angeklagte will von all dem nichts gewußt haben.
(10) *Es will geregnet haben.
Diese Annahme wird dadurch gestärkt, daß wollenEMV als einziges EMV
nicht die Lesart zuläßt, in der das Objekt Skopus über das Subjekt hat.
Sprich: nur (12) kann paraphrasiert werden als: ”Es scheint daß, jeder
Student von mindestens einem Professor betreut wurde.”
(11) *Ein Professor will jeden Studenten betreut haben.
(12) Ein Professor kann/muß/dürfte/soll/wird jeden Studenten betreut
haben.
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