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Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin

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Beschränkung von Lightfoots Funktion, die nicht durch die Grammatiktheorie<br />

(=UG) erfolgt, und als diachrones Prinzip formuliert werden müßte, besteht<br />

darin, daß Grammatiken von Sprechern aus auf<strong>ein</strong>anderfolgenden<br />

Generationen nur soweit von <strong>ein</strong>ander differieren dürfen, daß unter diesen<br />

Sprechern noch Kommunikation ohne Verständnisschwierigkeiten möglich<br />

ist. Lightfoot (1979: 143) sieht aber k<strong>ein</strong>en Weg, diese Restriktion zu<br />

formalisieren.<br />

Die <strong>ein</strong>zigen formalen Beschränkungen, denen Sprachwandel unterliegt,<br />

sind somit ausschließlich jene Prinzipien, aus denen sich die UG selbst<br />

zusammensetzt. Sprachwandel ist nach Lightfoots Auffassung vor allem<br />

Resultat der ver<strong>ein</strong>fachenden Lernmechanismen des Erstspracherwerb.<br />

Demnach versuchen Kinder dem aufgenommenen Input die <strong>ein</strong>fachste<br />

Struktur zu unterstellen, die anhand ihres bisherigen Regelwissens möglich<br />

ist. Auf diese Weise erwerben Kinder im Laufe der Zeit zwar <strong>ein</strong>e Grammatik,<br />

die <strong>ein</strong>erseits in etwa in der Lage ist, Sätze nach <strong>ein</strong>em Muster zu<br />

generieren, das jenem der Eltern sehr ähnlich ist, die aber andererseits<br />

k<strong>ein</strong>eswegs mit der Grammatik der Elterngeneration vollkommen identisch<br />

ist. Dementsprechend sieht Lightfoot (1979: 375) den Erstspracherwerb als<br />

eigentlichen Ort des Sprachwandels an. Ver<strong>ein</strong>facht ließe sich diese These<br />

als <strong>ein</strong>e Art ”Stille Post”-Spiel darstellen, in dem eben nicht nur für <strong>ein</strong> Wort,<br />

sondern für <strong>ein</strong>e gesamte Sprache von jedem Teilnehmer aufs Neue <strong>ein</strong>e<br />

Analyse und deren Weitervermittlung versucht wird.<br />

Auch wenn Lightfoots Ideen zwar viel Richtiges enthalten, bleiben sie<br />

gesamt gesehen ungenau. So verkennt s<strong>ein</strong> Ansatz zum Beispiel die<br />

Dynamizität, der die individuelle Grammatiken aller Sprecher offenkundig<br />

unterworfen sind. Auch erwachsene Sprecher bleiben für Veränderungen<br />

ihrer parametrischen Konfiguration empfänglich, wenngleich auch bei weitem<br />

nicht in dem Maße, wie dies beim Kl<strong>ein</strong>kind der Fall ist. So passen sich<br />

Erwachsene nach <strong>ein</strong>em Wechsel des Wohnorts häufig den parametrischen<br />

Gegebenheiten des neuen Dialekts an. Ein anderes Beispiel bieten gewisse<br />

Formen neologistischer Verwendungen, die langsam in den Sprachgebrauch<br />

auch von Erwachsenen <strong>ein</strong>sickern. Einen rezenten Fall stellt das Partikelverb<br />

anerkennen dar, das vermehrt als nicht-trennbares Verb reanalysiert wird,<br />

auch von Sprechern, die vormals die andere Variante verwendeten (Er<br />

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