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FC287a, Kleinwüchsige Menschen in Ausbildung und Beruf Teil

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etwas besser durch die Schlussakte von Hels<strong>in</strong>ki <strong>und</strong> durch andere globale Verpflichtungen, die die<br />

DDR e<strong>in</strong>gehen musste. So sehe ich das“.<br />

Schwierig war auch die Hilfsmittelversorgung der Beh<strong>in</strong>derten. Und da schadete es nicht, als Beh<strong>in</strong>derter<br />

e<strong>in</strong> l<strong>in</strong>ientreuer Parteigenosse zu se<strong>in</strong>, um die persönliche Lage zu verbessern.<br />

„Öffentliche Institutionen <strong>und</strong> Krankenhäuser hatten z.B. Rollstühle, aber nicht reichlich. Aber<br />

nicht jeder hatte privat e<strong>in</strong>en. Wer eben auch staatstreu war, <strong>in</strong> so e<strong>in</strong>er Partei, der hatte manchmal<br />

bessere Chancen. Das war da sehr ausgeprägt. Heute kann ich alles beantragen <strong>und</strong> dann überlegen:<br />

kann ich me<strong>in</strong>en Kostenobolus leisten oder nicht? Und dann wird das unter uns abgewogen.<br />

Das war zu DDR-Zeiten schwieriger. Das wurde auch nicht veröffentlicht, ob es überhaupt Hilfsmittel<br />

so richtig gab. Es war e<strong>in</strong>fach zu wenig“.<br />

Heute s<strong>in</strong>d für ihn Beh<strong>in</strong>derte <strong>in</strong>sgesamt präsenter, sowohl <strong>in</strong> den Medien als auch sichtbarer <strong>in</strong> der<br />

Öffentlichkeit <strong>und</strong> haben somit auch zu mehr Aufklärung <strong>und</strong> Information der Bevölkerung beigetragen.<br />

„Die Akzeptanz ist jetzt wesentlich größer, da man ja auch mehr Beh<strong>in</strong>derte auf der Straße sieht.<br />

Denn zu DDR-Zeiten waren viele Beh<strong>in</strong>derte <strong>in</strong> Heimen untergebracht, also die waren nicht im<br />

Straßenbild zu sehen. Jetzt s<strong>in</strong>d ja viel mehr zu sehen, außerdem wird <strong>in</strong> sämtlichen Medien über<br />

alle möglichen Beh<strong>in</strong>derungen berichtet, was zu DDR-Zeiten nicht der Fall war. Da wussten die<br />

Leute gerade, dass es Rollstuhlfahrer gibt, aber das war auch schon alles“<br />

Selbsthilfegruppen, <strong>in</strong> denen sich Betroffene für Betroffene engagieren existieren <strong>in</strong> der DDR nicht,<br />

Treffen müssen im privaten Rahmen stattf<strong>in</strong>den.<br />

„Selbsthilfegruppen waren nicht nur nicht gewünscht, das durfte man nicht. Also man hätte sich auf<br />

privater Basis verständigen können, aber man konnte ke<strong>in</strong>en Vere<strong>in</strong> gründen. Den Leuten, die das<br />

versucht haben – es gab ja welche – wurde gesagt: ‚Der Staat sorgt schon für euch, ihr braucht<br />

ke<strong>in</strong>en Vere<strong>in</strong> zu gründen‘ “.<br />

Für beide ist das anfängliche Novum, sich mit anderen austauschen zu können, mittlerweile selbstverständlicher<br />

<strong>Teil</strong> ihres sozialen Lebess es ihrer eigenen Mutter noch nicht möglich war, sie als<br />

beh<strong>in</strong>dertes K<strong>in</strong>d anzunehmen, weil es an Akzeptanz <strong>und</strong> Aufklärung fehlte, s<strong>in</strong>d die Treffen e<strong>in</strong><br />

persönlicher Gew<strong>in</strong>n.<br />

„<strong>Kle<strong>in</strong>wüchsige</strong> zu treffen war e<strong>in</strong> sehr angenehmes Gefühl. Vielleicht auch teilweise egoistisch,<br />

weil ich gesehen habe, dass es neben mir auch noch <strong>Kle<strong>in</strong>wüchsige</strong> gab. Und ich habe es positiv<br />

empf<strong>und</strong>en. Dass die Eltern die K<strong>in</strong>der so annehmen, wie sie s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> das machen nicht viele. Und<br />

auch me<strong>in</strong>e Mutter hat da ganz große Defizite. Zu wissen, dass man nicht die E<strong>in</strong>zige ist, ist schön“.<br />

Was ermutigt sie?<br />

„Die Erkenntnis, dass wir nicht anders s<strong>in</strong>d als andere <strong>Menschen</strong> auch. Wir tr<strong>in</strong>ken mal e<strong>in</strong>en über’n<br />

Durst, wir feiern gern <strong>und</strong> solche Sachen[...] Man kann als <strong>Kle<strong>in</strong>wüchsige</strong>r <strong>Beruf</strong>e lernen.<br />

Vielleicht nicht immer gleich den <strong>Beruf</strong>, den man gern möchte, aber das können andere – Ges<strong>und</strong>e -<br />

auch nicht“.<br />

Von außen betrachtet, könnte man Jürgen <strong>und</strong> Annegret Schleiermacher als Gew<strong>in</strong>ner der Wende<br />

betrachten, bezieht man sich auf beruflichen Status, Wohnsituation <strong>und</strong> E<strong>in</strong>kommen. Doch Annegret<br />

Schleiermacher bilanziert Gew<strong>in</strong>n <strong>und</strong> Verlust durch die Wende <strong>und</strong> kommt zu ke<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>deutigen<br />

Ergebnis.<br />

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