30.10.2012 Aufrufe

FC287a, Kleinwüchsige Menschen in Ausbildung und Beruf Teil

FC287a, Kleinwüchsige Menschen in Ausbildung und Beruf Teil

FC287a, Kleinwüchsige Menschen in Ausbildung und Beruf Teil

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

so e<strong>in</strong>er Plane. Das gab’s nicht, dass man normal Fahrschule macht <strong>und</strong> sich e<strong>in</strong>en sucht, der e<strong>in</strong>em<br />

das Auto umbaut“.<br />

Für Marietta Alberts ist die Möglichkeit, Kontakte zu anderen Betroffenen herstellen zu können, der<br />

größte <strong>und</strong> wichtigste Gew<strong>in</strong>n der Wende.<br />

„Das war eigentlich der Höhepunkt erst mal, dass ich me<strong>in</strong>en Mann kennen lernen konnte. Wir<br />

haben uns ja im Vere<strong>in</strong> kennen gelernt. Das war zu DDR-Zeiten nicht, dass sich <strong>Kle<strong>in</strong>wüchsige</strong><br />

treffen konnten“.<br />

Ihr eröffnet sich gewissermaßen e<strong>in</strong>e neue Welt, <strong>in</strong> der sich nun auch die Wahrnehmung ihres eigenen<br />

Kle<strong>in</strong>wuchses verändert, denn plötzlich erlebt sie sich selbst <strong>in</strong> der Perspektive der ‚Großen‘,<br />

erlebt die gleichen Verhaltensunsicherheiten <strong>und</strong> macht die gleichen Erfahrungen, die normalerweise<br />

Nichtkle<strong>in</strong>wüchsige beim ersten Kontakt mit <strong>Kle<strong>in</strong>wüchsige</strong>n machen.<br />

„Nach der Wende habe ich selbst erst mal gemerkt, dass es überhaupt noch andere <strong>Kle<strong>in</strong>wüchsige</strong><br />

gibt. Ich b<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kle<strong>in</strong>stadt aufgewachsen, <strong>Kle<strong>in</strong>wüchsige</strong> habe ich eigentlich nie getroffen außer<br />

<strong>in</strong> dieser berühmten Sprechst<strong>und</strong>e bei Dr. M., wo ich e<strong>in</strong>mal im Jahr war. Das hat sich eben<br />

nach der Wende schlagartig verändert. Irgendwie müssen da alle <strong>Kle<strong>in</strong>wüchsige</strong>n aus dem Boden<br />

geschossen se<strong>in</strong>. Ich war erst mal beim Club der kle<strong>in</strong>en Leute gewesen, das hatte ich im Fernsehen<br />

gesehen. Ich war zu Hause <strong>und</strong> arbeitslos <strong>und</strong> habe gedacht: ‚Jetzt meldest du dich erst mal‘. Dann<br />

habe ich mich dazu durchgerungen <strong>und</strong> b<strong>in</strong> ganz unsicher dah<strong>in</strong> gefahren <strong>und</strong> b<strong>in</strong> erst mal erschrocken,<br />

dass es so viele kle<strong>in</strong>e Leute gibt. Erschrocken, dass ich auf e<strong>in</strong>mal runtergucken musste <strong>und</strong><br />

nicht nach oben. Und das war komisch, weil ich nicht wusste, wie ich mit den Leuten jetzt so reden<br />

soll. Ich wusste nicht, ob ich mich auf Augenhöhe h<strong>in</strong>hocken sollte oder mich runterbeugen oder<br />

wie überhaupt. Ich hatte ke<strong>in</strong>e Anleitung sozusagen. Und da war mir erst mal ganz unwohl. Am<br />

Anfang guckten sie alle, was will denn die Neue hier. Das war e<strong>in</strong> bisschen wie e<strong>in</strong>e Abneigung,<br />

weil ich nicht <strong>in</strong> diese Größe re<strong>in</strong>passte so richtig, ich b<strong>in</strong> ja etwas größer. Und Jörg gefiel mir gut<br />

<strong>und</strong> wir kamen <strong>in</strong>s Gespräch. Und ja. Jetzt sitzen wir zusammen hier“.<br />

Drastisch verschlechtert hat sich <strong>in</strong> den Jahren seit der Wende für beide die berufliche Lage, neben<br />

höheren Qualifikationsanforderungen verunsichert sie der Verlust an Sicherheit – auch ökonomischer<br />

Art - <strong>und</strong> sozialer Integration am Arbeitsplatz. So hatte man <strong>in</strong> Jörg Alberts‘ Augen zu DDR-<br />

Zeiten...<br />

„...e<strong>in</strong>en gewissen sozialen Status <strong>und</strong> der war dann zeitlebens soweit gegeben. Und die Mieten<br />

konnte sich jeder leisten. Und man musste sich über die Arbeit nicht unbed<strong>in</strong>gt Gedanken machen.<br />

Genügst du noch für die Arbeit? Bist du noch fit für den Job? Genügst du den Ansprüchen? Das<br />

alles ist jetzt eben schlechter geworden. Der Konkurrenzkampf ist ganz schön groß jetzt“.<br />

Konkret auf se<strong>in</strong>en Arbeitsplatz bezogen bedeutet das heute die Angst vor dem Verlust se<strong>in</strong>es Arbeitsplatzes<br />

auch deshalb, weil es ihm an bestimmten formalen Qualifikationen fehlt. Denn obwohl<br />

er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Firma bereits seit Jahren zufriedenstellende Arbeit leistet, wurde er damals fachfremd<br />

<strong>und</strong> ohne die erforderliche <strong>Ausbildung</strong> e<strong>in</strong>gestellt.<br />

„Weil ich auch <strong>in</strong> der Abteilung arbeite, wo ich nicht direkt e<strong>in</strong>e <strong>Ausbildung</strong> dafür habe. Dort arbeiten<br />

ja eigentlich nur staatlich geprüfte Techniker, Diplom<strong>in</strong>genieure. Man hat sich ja die ganzen<br />

Jahre durch Schulung <strong>und</strong> Weiterbildung gefestigt, aber na ja, man macht sich doch so se<strong>in</strong>e Gedanken.<br />

Was kannst du denn noch machen, dass du noch e<strong>in</strong> Stückchen weiterkommst, e<strong>in</strong> bisschen<br />

sicherer dort bist?“<br />

110

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!