30.10.2012 Aufrufe

FC287a, Kleinwüchsige Menschen in Ausbildung und Beruf Teil

FC287a, Kleinwüchsige Menschen in Ausbildung und Beruf Teil

FC287a, Kleinwüchsige Menschen in Ausbildung und Beruf Teil

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

e<strong>in</strong>em auch Sachen e<strong>in</strong>, die gar nichts nützen. Das ist auch wieder so e<strong>in</strong>e Bevorm<strong>und</strong>ung, habe ich<br />

das Gefühl. Die Leute, die da sitzen, wollen so schlau se<strong>in</strong> wie die Beh<strong>in</strong>derten selber. Das stört<br />

mich. Da g<strong>in</strong>g’s für mich zum Beispiel um e<strong>in</strong>en speziellen Stuhl. Ich b<strong>in</strong> da bald ausgerastet. Die<br />

vom Integrationsamt wollten mir unbed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>en Beh<strong>in</strong>dertenstuhl e<strong>in</strong>reden <strong>und</strong> wir s<strong>in</strong>d von<br />

Pontius zu Pilatus. Erstmal wollte ich nicht, <strong>und</strong> zweitens für me<strong>in</strong>e Größe passt auch nichts. Ich<br />

musste denen unterschreiben, dass ich nicht will. Furchtbar. Das hat denen ke<strong>in</strong>e Ruhe gelassen.<br />

Ich will das selber machen wie ich’s brauche“.<br />

Hilfsmittel am Arbeitsplatz nutzt sie kaum.<br />

„Me<strong>in</strong> Arbeitsplatz ist auch nicht angepasst. Nur das, was ich brauche, ist unten <strong>in</strong> den Schränken.<br />

Und e<strong>in</strong>e Fußbank vor der Toilette“.<br />

Ihre Hilfsmittelnutzung ist <strong>in</strong>sgesamt eher als m<strong>in</strong>imalistisch zu bezeichnen. Zwar hat sie ihre<br />

Wohnung kle<strong>in</strong>wuchsgerecht umbauen lassen – niedrige Küche, Türkl<strong>in</strong>ken etc., aber besonders im<br />

Bereich Mobilitätshilfen besteht e<strong>in</strong>e auffallende Zurückhaltung, besonders weil sie nur bis 100 m<br />

beschwerdefrei gehen kann. Weder benutzt sie e<strong>in</strong>en angepassten Stuhl, muss also an ihrem Arbeitsplatz<br />

<strong>und</strong> zuhause viel klettern, noch hat sie e<strong>in</strong>en Rollator, geschweige denn Rollstuhl.<br />

„Ich wüsste gar nicht, wo ich die ganzen Hilfsmittel anwenden sollte. Und mit der Mobilität, tja,<br />

was will ich mich jetzt <strong>in</strong> den Rollstuhl setzen? Manchmal habe ich Probleme mit dem Gehen, aber<br />

das kommt von me<strong>in</strong>er Lunge, die ist von Geburt an e<strong>in</strong>geschränkt, aber die Beschwerden s<strong>in</strong>d<br />

wetterabhängig. Ich b<strong>in</strong> auch Allergiker. Und vom Bewegungsapparat her habe ich kaum Schmerzen.<br />

Aber ich b<strong>in</strong> auch nicht jemand, der bei jedem Wehwehchen schreit“.<br />

Ist sie mit ihren 86 cm vermutlich im Blickpunkt der Aufmerksamkeit, sobald sie an die Öffentlichkeit<br />

geht, ist es ihr em<strong>in</strong>ent wichtig, <strong>in</strong> den Bereichen, die sie bee<strong>in</strong>flussen kann <strong>und</strong> die ihrer Kontrolle<br />

unterliegen, ihre Größe nicht als Kriterium für e<strong>in</strong>e wie auch immer geartete Sonderstellung<br />

zu nehmen. Was Arbeit anbelangt bedeutet das, nicht weniger, aber auch nicht kompensatorisch<br />

mehr zu arbeiten als Nichtbeh<strong>in</strong>derte. Gelebte Gleichstellung.<br />

„Ich arbeite genau so wie jeder andere. E<strong>in</strong> Arbeitstag hat nur 8 ¾ St<strong>und</strong>en. Wir arbeiten <strong>und</strong> arbeiten,<br />

aber mehr kann man nicht. Wenn man beh<strong>in</strong>dert ist, muss man den Leuten erst mal zeigen,<br />

dass man genauso gut ist wie jeder andere. Früher hatte ich den E<strong>in</strong>druck, dass die e<strong>in</strong>em nicht<br />

zutrauen, dass man genauso gut ist. Ich arbeite wie jeder andere, nicht mehr <strong>und</strong> nicht weniger“.<br />

Wie sieht sie ihre berufliche Zukunft, die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes? Hier reagiert sie mit e<strong>in</strong>er<br />

Mischung aus Fatalismus <strong>und</strong> Gelassenheit.<br />

„Zukunftsängste habe ich nicht, weil ich mir da ke<strong>in</strong>en Kopf mache. Weil ich das ja sowieso nicht<br />

bee<strong>in</strong>flussen kann, jedenfalls im Vorfeld nicht. Ich mache mich da nicht verrückt. Wer kann schon<br />

sagen, was <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jahr ist?“<br />

Wie wahr.<br />

104

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!