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FC287a, Kleinwüchsige Menschen in Ausbildung und Beruf Teil

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14. Interviews Ost – Aufbruchstimmung <strong>und</strong> der wehmütige Blick zurück<br />

Mit der Wiedervere<strong>in</strong>igung der beiden deutschen Staaten haben sich die Lebensbed<strong>in</strong>gungen besonders<br />

im Osten teilweise dramatisch verändert. In den folgenden Interviews berichten kle<strong>in</strong>wüchsige<br />

<strong>Menschen</strong> aus ihrem (neuen) Leben. Sie berichten von ihrer Schul- <strong>und</strong> <strong>Ausbildung</strong>szeit, von<br />

ihrer <strong>Beruf</strong>swahl <strong>und</strong> –tätigkeit, von ihrem Erleben der Wende 1989/90, von ihrer Sicht des Kle<strong>in</strong>wuchses<br />

im alten <strong>und</strong> neuen System, von ihren Ängsten <strong>und</strong> Unsicherheiten, ihrer Perspektivsuche<br />

<strong>und</strong> ihrer beruflichen Neuorientierung.<br />

Zu Wort gekommen s<strong>in</strong>d <strong>Menschen</strong> aus mehreren der neuen B<strong>und</strong>esländer, mit unterschiedlichem<br />

sozialem <strong>und</strong> ökonomischem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> unterschiedlichen Kle<strong>in</strong>wuchsformen. Natürlich beurteilen<br />

sie nicht nur aus der Kle<strong>in</strong>wuchsperspektive, häufig f<strong>in</strong>den sich E<strong>in</strong>schätzungen <strong>und</strong> Kritiken,<br />

die man ähnlich auch von nicht beh<strong>in</strong>derten Ostdeutschen kennt, d.h. die E<strong>in</strong>schätzung von<br />

Bürger<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Bürgern, die sich plötzlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em komplett neuen System wiederf<strong>in</strong>den, <strong>in</strong> dem<br />

die alten Orientierungs- <strong>und</strong> Sicherungsmechanismen nicht mehr greifen <strong>und</strong> die sich gezwungenermaßen<br />

umorientieren müssen. Auf unterschiedliche Weise <strong>und</strong> mit unterschiedlichem Erfolg<br />

haben sie sich den neuen Bed<strong>in</strong>gungen angepasst, e<strong>in</strong>ige trauern der Überschaubarkeit der alten<br />

DDR nach, für andere ist es der Blick zurück im Zorn.<br />

Die Namen <strong>und</strong> persönlichen Daten wurden anonymisiert. Die kursiv gedruckten Passagen s<strong>in</strong>d<br />

wörtliche Aussagen der Interviewpartner<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> –partner.<br />

Jürgen <strong>und</strong> Annegret Schleiermacher, Leipzig<br />

Zielstrebigkeit<br />

Jürgen <strong>und</strong> Annegret Schleiermacher, 50 <strong>und</strong> 48 Jahre alt, leben <strong>in</strong> Leipzig. Er ist 1,32 m groß, Diagnose<br />

SEDC, sie ist 1,30 m groß, Diagnose Diastrophische Dysplasie. Jürgen Schleiermacher ist<br />

Geschäftsführer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em mittelständischen Unternehmen, se<strong>in</strong>e Frau ist seit der Wende berentet.<br />

Vor e<strong>in</strong>igen Jahren haben sie sich e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Haus gekauft, das sie komplett für ihre Bedürfnisse<br />

umgebaut haben.<br />

Die Diastrophische Dysplasie Annegret Schleiermachers macht bereits <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dheit mehrere<br />

Krankenhausaufenthalte nötig. Sie besucht e<strong>in</strong>e Körperbeh<strong>in</strong>dertenschule, die Regelschule kommt<br />

als Alternative nicht <strong>in</strong> Betracht, auch aufgr<strong>und</strong> des mangelnden Hilfsmittelangebots.<br />

„Bei mir war’s klar. Me<strong>in</strong>e Eltern wurden dah<strong>in</strong> vermittelt. Man wurde delegiert. [...]Man war mit<br />

Hilfsmitteln versorgt. Für zu Hause mussten die Eltern sich selbst kümmern. Man war immer sehr<br />

erf<strong>in</strong>derisch.“<br />

In e<strong>in</strong>em Rehazentrum absolviert sie zunächst e<strong>in</strong>e <strong>Ausbildung</strong> zur Zahntechniker<strong>in</strong>, später kommt<br />

e<strong>in</strong>e weitere zur Verwaltungssachbearbeiter<strong>in</strong> h<strong>in</strong>zu. Ihre ges<strong>und</strong>heitlichen Bee<strong>in</strong>trächtigungen s<strong>in</strong>d<br />

jedoch so gravierend, dass sie schon vor der Wende <strong>in</strong> Rente geht. Schon immer war Musik ihre<br />

Passion, sie hat jahrelang im Chor gesungen, <strong>und</strong> so unterrichtet sie heute st<strong>und</strong>enweise mit viel<br />

Enthusiasmus als Gesangslehrer<strong>in</strong>.<br />

Jürgen Schleiermachers Schulzeit gestaltet sich h<strong>in</strong>gegen weitgehend unproblematisch, die Größe<br />

spielt nur anfangs e<strong>in</strong>e Rolle, als er um e<strong>in</strong> Jahr zurückgestellt wird,<br />

„ansonsten b<strong>in</strong> ich e<strong>in</strong>fach 10 Jahre <strong>in</strong> die Schule gegangen“.<br />

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