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FC287a, Kleinwüchsige Menschen in Ausbildung und Beruf Teil

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halten zu können. Aber die letzten Jahre s<strong>in</strong>d nicht mehr unbed<strong>in</strong>gt gute Jahre, es ist mehr Durchhalten<br />

als Langsam-Auskl<strong>in</strong>gen-Lassen.<br />

„Nach der Wende hätte man sich niederlassen müssen. Dafür fühlte ich mich zu alt. Aber was sollte<br />

nun werden? Die Polikl<strong>in</strong>ik g<strong>in</strong>g kaputt, das war ganz hässlich, ich habe mich beim Ges<strong>und</strong>heitsamt<br />

beworben, man hat mich genommen. Ich war dann nicht mehr kurativ tätig, sondern habe Beratung<br />

gemacht: Mütterberatung, Schuluntersuchungen, E<strong>in</strong>schulungsuntersuchungen mit Psychologen.<br />

Wir s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> die Schulen gegangen <strong>und</strong> haben die entsprechenden Reihenuntersuchungen an den<br />

Schülern gemacht <strong>und</strong> das war wieder für mich e<strong>in</strong> bisschen unangenehm. Weil man jetzt zum Beispiel<br />

<strong>in</strong>s 9. Schuljahr kam, die ja nun alle weit größer s<strong>in</strong>d als man selbst. Und die s<strong>in</strong>d so sehr<br />

ruppig. Die versuchten, e<strong>in</strong>en irgendwie lächerlich zu machen. Ich me<strong>in</strong>e, man hat sich da schon<br />

durchgesetzt, gewiss, aber es war unangenehm. Von 91 - 94 habe ich die Beratungstätigkeit gemacht,<br />

mit Punkt 65. Geburtstag habe ich aufgehört, das wollte ich schon immer so“.<br />

Sie genießt nun ihr Pensionärsleben <strong>und</strong> widmet sich ausführlich ihren Hobbys Malerei <strong>und</strong> Theater.<br />

Das Thema Größe ist weitgehend abgeschlossen, aus dem Leidensdruck des jungen Mädchens<br />

ist die Abgeklärtheit e<strong>in</strong>er gestandenen Frau geworden.<br />

„Als junger Mensch habe ich mich oft gegruselt, zum Beispiel wenn die K<strong>in</strong>dergruppen kamen <strong>und</strong><br />

ich musste daran vorbeigehen, da hatte ich das Bedürfnis, auf die andere Seite zu gehen <strong>und</strong> nicht<br />

Größe an Größe an denen vorbeizugehen, weil die dann lachten oder Bemerkungen machten. Aber<br />

<strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Alter ist das nicht mehr so. ‚Kle<strong>in</strong>e Oma‘ bee<strong>in</strong>trächtigt nicht mehr so. Aber als ich jung<br />

war, da habe ich hohe Absätze getragen, um e<strong>in</strong> paar Zentimeterchen größer zu werden. Das habe<br />

ich mir längst abgewöhnt. Wenn man alt wird, geht man anders damit um. Man sagt sich: ‚Ich b<strong>in</strong><br />

durchs Leben gekommen, so! Ich b<strong>in</strong> so, so müsst ihr mich nehmen <strong>und</strong> wer es gar nicht mag, der<br />

muss es bleiben lassen‘. Es gibt ja auch ältere <strong>Menschen</strong>, die so taktlos s<strong>in</strong>d. Kürzlich habe ich so<br />

e<strong>in</strong>en <strong>Menschen</strong> nach langer Zeit wiedergesehen <strong>und</strong> der hat gesagt: ‘Sie werden ja auch immer<br />

kle<strong>in</strong>er‘. Und da habe ich so für mich gedacht: ‚Na ja, du wirst dafür immer dümmer!‘ “<br />

Mike <strong>und</strong> Iris Kretschmar, Dresden<br />

Kampf<br />

Michael (Mike) <strong>und</strong> Iris Kretschmar leben mit ihren drei K<strong>in</strong>dern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er geräumigen Mietwohnung<br />

<strong>in</strong> Dresden. Sie ist 32 Jahre alt, 1,27 m, Diagnose Pseudoachondroplasie, er ist 33 Jahre alt,<br />

1,35 m, Diagnose Knorpel-Haar-Dysplasie. Iris Kretschmar ist seit e<strong>in</strong>igen Jahren berentet, Mike<br />

Kretschmars Rentenantrag läuft.<br />

Iris Kretschmar besucht zunächst die Regelschule, wechselt dann jedoch zur Körperbeh<strong>in</strong>dertenschule<br />

<strong>und</strong> macht dort ihren Abschluss.<br />

„Wir haben e<strong>in</strong>en neuen Direktor gekriegt. Der alte war der Me<strong>in</strong>ung, das K<strong>in</strong>d gehört zur Mutter<br />

<strong>und</strong> die soll da nicht von zu Hause weg. Als der neue kam, b<strong>in</strong> ich abgefallen <strong>in</strong> den Leistungen, da<br />

konnte ich machen, was ich wollte. Also irgendwie hat der mich nicht akzeptiert <strong>und</strong> wollte mich da<br />

nicht haben. Bis ich dann von alle<strong>in</strong>e gesagt habe <strong>in</strong> der 8. Klasse. ‚Jetzt ist Schluss, ich möchte <strong>in</strong><br />

die Körperbeh<strong>in</strong>dertenschule gehen‘, <strong>und</strong> das hat dann auch ziemlich gut funktioniert. Das erste<br />

halbe Jahr hatte ich Heimweh, aber als ich mich gefangen hatte, lief das gut“.<br />

Wie bei anderen kle<strong>in</strong>wüchsigen Befragten auch, lässt sich der Wunschberuf nicht realisieren, stattdessen<br />

wird von der <strong>Beruf</strong>sberatung „gelenkt“.<br />

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