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FC287a, Kleinwüchsige Menschen in Ausbildung und Beruf Teil

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Das untätige Zuhauseherumsitzen während der Zeiten der Arbeitslosigkeit macht ihn krank <strong>und</strong> so<br />

beantragt er e<strong>in</strong> Umschulung <strong>in</strong> der Hoffnung, wieder e<strong>in</strong> festes Arbeitsverhältnis e<strong>in</strong>gehen zu können.<br />

Bitter muss er nach der Umschulung feststellen, dass er vom Arbeitsamt an se<strong>in</strong>en Möglichkeiten<br />

<strong>und</strong> Chancen vorbeiberaten wurde.<br />

„Ich wollte ja e<strong>in</strong>en handwerklichen <strong>Beruf</strong> lernen, da haben die mir Maler <strong>und</strong> Lackierer vorgeschlagen.<br />

Das kam auch me<strong>in</strong>en Interessen entgegen. Aber dass me<strong>in</strong>e Arbeitsmarktchancen aufgr<strong>und</strong><br />

me<strong>in</strong>es Beh<strong>in</strong>dertenausweises beschissen war, das hat mir auch ke<strong>in</strong>er gesagt. Ich muss dazu<br />

sagen, dass mir der Gesellenbrief nicht bloß so zugesprochen wurde, ich habe erfolgreich abgeschlossen<br />

<strong>und</strong> me<strong>in</strong>en Gesellenbrief gekriegt wie jeder andere, wie normal Große sozusagen, <strong>und</strong><br />

das war’s. Aber wo ich mich dann vorgestellt habe, wurde mir das auf e<strong>in</strong>mal klar. Es hätte eigentlich<br />

e<strong>in</strong>e gewisse Probe geben müssen, ob ich dafür überhaupt geeignet b<strong>in</strong>. Und mir kamen diese<br />

Rehamenschen immer so vor: Hauptsache, sie hatten irgende<strong>in</strong>e Umschulung, ohne zu gucken, ob<br />

das wirklich überhaupt passt“.<br />

Zum ersten Mal wird Mike Kretschmar e<strong>in</strong>e Rehamaßnahme angeboten. Mittlerweile hat er vor<br />

dem Konkurrenzdruck <strong>und</strong> den Leistungsanforderungen des ersten Arbeitsmarktes kapituliert <strong>und</strong><br />

so nimmt er das Angebot an. In der Maßnahme werden Büromöbel hergestellt; „ke<strong>in</strong>e hochtrabende<br />

Arbeit“, wie er sagt, aber er fühlt sich entlastet <strong>und</strong> frei vom Druck, körperlich mithalten zu müssen.<br />

Doch auch der offizielle Beh<strong>in</strong>dertenstatus hat e<strong>in</strong>e Kehrseite: die fehlende Bereitschaft der<br />

Unternehmen, Beh<strong>in</strong>derte e<strong>in</strong>zustellen, sei es aufgr<strong>und</strong> von Vorurteilen oder mangelnder Information.<br />

Doch se<strong>in</strong> Vorwurf richtet sich nicht an die Unternehmer, sondern an die Arbeitsämter, denen er<br />

Unfähigkeit attestiert.<br />

„Wenn man diesen Beh<strong>in</strong>dertenausweis hat, ist es hier im Osten schwer oder für mich eigentlich<br />

aussichtslos, Arbeit zu kriegen. Vorausgesetzt, man kommt nicht durch e<strong>in</strong>en günstigen Zufall irgendwo<br />

im öffentlichen Dienst unter. Viele Privatunternehmer, wenn man die besser kennt, sprechen<br />

ja nach Feierabend die Wahrheit. Die sagen, wir bezahlen lieber die Ausgleichsabgabe, viele<br />

auch aus Unwissenheit, weil die vom Arbeitsamt auch nicht richtig wissen. Die meisten Unternehmer<br />

denken: ‚Ich stelle e<strong>in</strong>en Beh<strong>in</strong>derten e<strong>in</strong>, den werde ich nie wieder los‘. Und da ist eigentlich<br />

das Arbeitsamt gefordert. Es ist schön, dass es die Gesetze gibt, aber wenn das Arbeitsamt den Unternehmen<br />

nicht so erklärt, wie es wirklich ist! Mir nützt das nichts, dass mir das Arbeitsamt das<br />

erzählt, wenn der Unternehmer das nicht weiß. Me<strong>in</strong>e Aufgabe ist es eigentlich nicht, dem Unternehmer<br />

das zu sagen <strong>und</strong> mich selber schmackhaft zu machen, wenn ich mich bewerbe. Ich möchte<br />

mich ja eigentlich nur bewerben, aber wenn ich vor der Bewerbung noch diese ganzen Erklärungen<br />

machen muss! Ich nehme das dem Unternehmer nicht übel, der weiß das ja nicht, aber dann müsste<br />

doch das Arbeitsamt <strong>in</strong>formieren, das s<strong>in</strong>d ja auch große Arbeitsämter“.<br />

Seit nunmehr drei Jahren ist Mike Kretschmar arbeitslos, es geht ihm nicht besonders gut. Das Resultat<br />

jahrelanger schwerer körperlicher Arbeit ist e<strong>in</strong>e ru<strong>in</strong>ierte Ges<strong>und</strong>heit.<br />

„Dadurch, daß ich nach der Wende nur körperlich gearbeitet habe, habe ich mich selber <strong>in</strong>s Abseits<br />

gesetzt. Ich habe mir me<strong>in</strong>e Knochen unglücklicherweise so kaputt gemacht, dass me<strong>in</strong> Orthopäde<br />

mir geraten hat, e<strong>in</strong>en Rentenantrag zu stellen. Das habe ich auch getan“.<br />

Gab es auch die Überlegung, etwas ganz anders zu machen, also nicht körperliche Arbeit beispielsweise<br />

im Büro- oder Computerbereich?<br />

„Ne<strong>in</strong>, ich habe mich leider Gottes wirklich <strong>in</strong>s Aus gesetzt. Ich kann nicht mehr gut sitzen. In me<strong>in</strong>em<br />

ersten <strong>Beruf</strong> hatte ich eigentlich e<strong>in</strong>e gute Kle<strong>in</strong>wuchsarbeit. Ich habe nicht ständig gesessen,<br />

ich war nicht ständig unterwegs, es war für mich eigentlich total passende Arbeit. Ich war immer <strong>in</strong><br />

Abwechslung, konnte mal sitzen, konnte mal umhergehen. Und weil ich danach dieses Monotone,<br />

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