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FC287a, Kleinwüchsige Menschen in Ausbildung und Beruf Teil

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„Auf alle Fälle habe ich nicht gedacht, dass so viele arbeitslos werden <strong>und</strong> daß so vieles kaputt<br />

geht. Die Betriebe, dass die die so kaputt gemacht haben. Die hätten noch erhalten werden können.<br />

Nicht alle Betriebe, aber fast alle. Und auch, dass zuviel von den alten B<strong>und</strong>esländern übernommen<br />

worden ist <strong>und</strong> von uns sehr wenig von dem, was auch gut war, z.B. dass man se<strong>in</strong>e Arbeit <strong>und</strong><br />

se<strong>in</strong>e Wohnung hatte. Das Soziale war abgesicherter, die Sicherheit war besser. Me<strong>in</strong>e Mutter ist<br />

seit der Wende arbeitslos <strong>und</strong> zu Hause. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie da sehr erbaut<br />

war“.<br />

Gefragt nach wahrgenommenen Unterschieden zwischen West <strong>und</strong> Ost, benennt sie zwar vordergründig<br />

positive Eigenschaften der Leute im Westen.<br />

„Die Leute im Westen s<strong>in</strong>d gemütlicher <strong>in</strong>sgesamt. Auch <strong>in</strong> Österreich habe ich das festgestellt. Die<br />

s<strong>in</strong>d nicht so hektisch. Da meckert ke<strong>in</strong>er groß. Die machen irgendwie alles gelassener. Anders als<br />

hier“.<br />

Doch aus Tanja Gebhardts Perspektive verbirgt sich dah<strong>in</strong>ter etwas anderes, nämlich das westliche<br />

Arrangement mit e<strong>in</strong>em System, das Ostdeutschen übergestülpt wurde, ihnen daher fremd ist <strong>und</strong><br />

auf dessen sozioökonomische Differenzen sie mit höherer Sensibilität reagieren.<br />

„Woran das liegt? Weil die Leute hier mit Arbeitslosigkeit mehr zu tun haben als drüben. Das belastet<br />

sie auch mehr als <strong>in</strong> den alten B<strong>und</strong>esländern“.<br />

Spürbar ist bei ihr die Ambivalenz vieler Ostdeutscher gegenüber dem „neuen“ System, die Brutalität<br />

der Marktwirtschaft bei gleichzeitiger Konsumvielfalt. Es entsteht der nostalgische Blick zurück<br />

auf Zeiten sozialen Zusammenhalts, der irgendwo nach der Wende auf der Strecke blieb.<br />

„Viele hier wollen auch die Mauer zurück haben, also nicht direkt, aber weil das Soziale besser<br />

war“.<br />

Ihren Kle<strong>in</strong>wuchs thematisiert Tanja Gebhardt nicht explizit. Vielmehr relativiert sie ihre eigene<br />

Lage, <strong>in</strong>dem sie sich mit Beh<strong>in</strong>derten vergleicht, deren Lage ihr aussichtloser ersche<strong>in</strong>t.<br />

„Ich b<strong>in</strong> nicht so beh<strong>in</strong>dert, da gibt‘s viel schlimmere. Da müsste eben mehr getan werden. Die<br />

kommen nirgends ran, gerade die Rollstuhlfahrer. Mehr Umbauten <strong>und</strong> dass die Leute mehr Rücksicht<br />

nehmen. Die haben ke<strong>in</strong>e Chance an was ranzukommen“.<br />

Sie ist zufrieden mit ihrem Leben, ausgerichtet an den Koord<strong>in</strong>aten Kollektiv, Fan-Club, gesicherter<br />

Erwerbstätigkeit <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitlicher Verfassung.<br />

„Ich b<strong>in</strong> soweit ges<strong>und</strong>, unabhängig, kann alles machen, ich habe me<strong>in</strong>e Arbeit <strong>und</strong> me<strong>in</strong>e Wohnung.<br />

Wichtig ist, dass ich e<strong>in</strong>e Arbeit habe <strong>und</strong> Geld verdiene. Weil ich auch alle<strong>in</strong> b<strong>in</strong>. Me<strong>in</strong>e<br />

Pläne für die nächsten Jahre? Ges<strong>und</strong> bleiben. Weiter Konzert besuchen können“.<br />

Sie hat sich gut e<strong>in</strong>gerichtet <strong>in</strong> ihrem Leben. Und g<strong>in</strong>ge auch noch ihr Wunsch nach e<strong>in</strong>er Beziehung<br />

<strong>in</strong> Erfüllung, wäre es so, wie sie es sich immer erträumt hat.<br />

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