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FC287a, Kleinwüchsige Menschen in Ausbildung und Beruf Teil

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10. <strong>Kle<strong>in</strong>wüchsige</strong> Frauen: doppelte Diskrim<strong>in</strong>ierung?<br />

Beh<strong>in</strong>derte Frauen unterliegen doppelter Diskrim<strong>in</strong>ierung, heißt es oft (Kulmer 2000). Die These<br />

besagt, dass beh<strong>in</strong>derte Frauen sowohl im Vergleich zu beh<strong>in</strong>derten Männern als auch im Vergleich<br />

zu nichtbeh<strong>in</strong>derten Frauen <strong>in</strong> weitaus höherem Maße gesellschaftlichen Benachteiligungen ausgesetzt<br />

s<strong>in</strong>d. Stellvertretend für diesen Ansatz steht Ch. Meyer-Rey (1994), die <strong>in</strong> ihren Ausführungen<br />

zu weiblicher Identität <strong>und</strong> Beh<strong>in</strong>derung schreibt:<br />

„Betrachtet werden[...] sollen noch e<strong>in</strong>mal Bed<strong>in</strong>gungen, die sich für die Identitätsbildung<br />

<strong>und</strong> –entwicklung von Frauen mit Beh<strong>in</strong>derungen ergeben. In Selbstberichten wird wieder<br />

<strong>und</strong> wieder auf Benachteiligungen h<strong>in</strong>gewiesen. Doppelte <strong>und</strong> gar dreifache Benachteiligungen<br />

erfahren diese Frauen. Sie werden diskrim<strong>in</strong>iert als Frauen <strong>und</strong> als Beh<strong>in</strong>derte.<br />

Diskrim<strong>in</strong>ierungen haben e<strong>in</strong>en negativen E<strong>in</strong>fluss auf das Selbstwertgefühl; davon betroffen<br />

ist die gesamte Identität. Weder im privaten Bereich der familialen Reproduktionstätigkeit<br />

werden beh<strong>in</strong>derte Frauen akzeptiert <strong>und</strong> geschätzt, noch genügen sie den Leistungsanforderungen<br />

im Erwerbsleben“ (S. 93)<br />

Für die weibliche Gruppe der Befragten würde die Verifikation der These konkret be<strong>in</strong>halten, <strong>in</strong><br />

Prozessen beruflicher Qualifikation benachteiligt zu se<strong>in</strong>, vergleichsweise schlechtere bzw.<br />

schlechter bezahlte berufliche Positionen <strong>in</strong>nezuhaben etc., was sich beispielsweise <strong>in</strong> Angaben<br />

höherer Lebensunzufriedenheit äußert. Wie im folgenden deutlich wird, ist dies nicht der Fall. Denn<br />

alle<strong>in</strong> die Verb<strong>in</strong>dung von „weiblich“ <strong>und</strong> „Beh<strong>in</strong>derung“ als sich gegenseitig verstärkenden Negativbed<strong>in</strong>gungen<br />

wird der <strong>in</strong>dividuell erworbenen Stärke <strong>und</strong> Kompetenz beh<strong>in</strong>derter Frauen nicht<br />

gerecht.<br />

Denn zunächst wird mit der These der doppelten bzw. dreifachen Diskrim<strong>in</strong>ierung die Rolle beh<strong>in</strong>derter<br />

als Opfer quasi zementiert, sie ersche<strong>in</strong>en als chancenlos, ausgeliefert <strong>und</strong> passiv. Es fehlt<br />

auch die subjektive Sicht der Frauen selbst, ihre <strong>in</strong>dividuellen S<strong>in</strong>ndeutungen <strong>und</strong> <strong>in</strong>dividuellen<br />

Erfahrungen sowie ihre Ressourcen. Die These der doppelten Diskrim<strong>in</strong>ierung beschreibt e<strong>in</strong>schränkende<br />

Umweltbed<strong>in</strong>gungen, bietet aber ke<strong>in</strong>e Möglichkeit der positiven Selbstdef<strong>in</strong>ition,<br />

noch berücksichtigt sie Handlungsspielräume. So formuliert e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>wüchsige Frau (ebd. S. 15)<br />

ihren Widerspruch gegen die These der doppelten Diskrim<strong>in</strong>ierung: „Aber uns steht doch auch viel<br />

mehr Potential zur Verfügung“. Sie habe von kle<strong>in</strong> auf lernen müssen, mit Rückschlägen umzugehen<br />

<strong>und</strong> diese Erfahrung als Ressource zu nutzen gelernt. <strong>Beruf</strong>lich habe sie e<strong>in</strong>e erfolgreiche Karriere<br />

im pädagogischen Bereich gemacht.<br />

Schul- <strong>und</strong> <strong>Ausbildung</strong>sabschlüsse<br />

Höchster Schulabschluss<br />

weiblich % männlich %<br />

Ohne Hauptschulabschluss 1,5 8,0<br />

Hauptschulabschluss/ POS 8 Kl. 23,9 36,0<br />

Realschulabschluss/ POS 10 Kl. 45,5 30,0<br />

Fachhochschulreife 9,0 6,0<br />

Abitur<br />

<strong>Beruf</strong>licher <strong>Ausbildung</strong>sabschluss (Mehrfachnennungen<br />

möglich)<br />

20,1 16,0<br />

Ke<strong>in</strong> Abschluss/ nicht <strong>in</strong> <strong>Ausbildung</strong> 5,5 16,9<br />

Noch <strong>in</strong> <strong>Ausbildung</strong> (Auszubildende/r, Student/<strong>in</strong>) 12,3 15,4<br />

Abgeschlossene Lehre 40,4 38,5<br />

Abgeschlossene <strong>Beruf</strong>sfachschule/ Handelsschule 25,3 12,3<br />

Abgeschlossene Fach-, Meister-, Technikerschule,<br />

<strong>Beruf</strong>s- o. Fachakademie<br />

5,5 0,0<br />

Fachhochschulabschluss 13,0 7,7<br />

Hochschulabschluss 6,2 6,2<br />

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