ASAXS - Helmholtz-Zentrum Berlin
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3 Nanoteilchen in anorganischen<br />
Gläsern/Glaskeramiken<br />
Als Probensystem für die Entwicklung einer neuen <strong>ASAXS</strong>-Auswertemethode wurde ein Glassystem<br />
gewählt. Glas stellt ein ideales Lösungsmittel (Container) für funktionale Nanopartikel<br />
dar. Des Weiteren liegen die Nanopartikel in der Regel dispergiert und homogen verteilt im<br />
Glas vor im Gegensatz zu vorwiegend agglomerierten Nanopartikeln in Flüssigkeiten. Ein<br />
weiterer Vorteil von Glas als Lösungsmittel ist, dass Wachstumsprozesse auf überschaubaren<br />
Zeitskalen ablaufen (von Sekunden bis hin zu mehreren Tagen), wodurch die zeitliche<br />
Entwicklung der Nanostruktur mittels Kleinwinkelstreuung studiert werden kann.<br />
In diesem Kapitel werden zunächst grundlegende Erkenntnisse über Glas und Glaskeramiken<br />
dargestellt. Wobei sowohl historische als auch modernere Strukturtheorien vorgestellt<br />
werden. Weiterhin wird auf Nukleation, Wachstum und Kristallisation von Nanopartikeln in<br />
Gläsern bzw. Glaskeramiken eingegangen. Im Anschluss wird eine Spezialklasse von Glaskeramiken,<br />
die Oxyfluorid-Glaskeramiken, detaillierter betrachtet. In diesem Zusammenhang<br />
wird auf die nichtlineare optische Eigenschaft der Frequenzerhöhung (frequency upconversion)<br />
bzw. Frequenzerniedrigung (frequency downconversion) eingegangen, die für potenzielle<br />
Anwendungen solcher Glaskeramiken von Interesse sind.<br />
3.1 Glas/Glaskeramik<br />
3.1.1 Der Glaszustand<br />
Eine Definition von Glas wird von Gutzow und Schmelzer wie folgt gegeben [45]: „Any thermodynamically<br />
unstable (amorphous or crystalline) solid can be denoted as a glass when a<br />
state of order or disorder is frozen-in in it corresponding to an equilibrium state which is<br />
possible for higher temperatures ...“. Demnach können Gläser als unterkühlte Schmelzen aufgefasst<br />
werden. Im Folgenden werden die grundlegenden Konzepte für die Beschreibung der<br />
Glasstruktur vorgestellt.<br />
Die erste empirische Regel für eine Glasbildung wurde 1926 von Goldschmidt aus kristallchemischen<br />
Arbeiten abgeleitet [46]. Eine Verbindung kann nach der Schmelze nur dann in<br />
den Glaszustand übergehen, wenn die Ungleichung für das Radienverhältnis von Kation rK<br />
zu Anion rA erfüllt ist<br />
0.2 < rK<br />
rA<br />
< 0.4. (3.1)<br />
Dies ist beispielsweise für die Oxide der Zusammensetzung A2O3 (z. B. B2O3), AO2 (z. B.<br />
SiO2, GeO2) oder A2O5 (z. B. P2O5) erfüllt. Mit dieser Regel müsste BeO einen glasartigen<br />
Zustand bilden können, da das Radienverhältnis dem vom SiO2 mit 0.28 sehr nahe kommt. Bis<br />
zum gegenwärtigen Zeitpunkt konnte BeO nicht als Glas hergestellt werden. Demzufolge ist die<br />
Ungleichung (3.1) ein notwendiges Kriterium für die Glasbildung jedoch kein hinreichendes.<br />
Goldschmidts Regel (3.1) ist gleichbedeutend mit der Aussage, dass die Anionen (O, F, ...)<br />
in der Lage sein müssen sich in einer Tetraederanordnung um ein Kation (Si, Ge, Be, Al, ...)<br />
anzuordnen.<br />
Der nächste Schritt in der Beschreibung der Glasstruktur stellt die Netzwerkhypothese<br />
(continuous random network; CRN) dar, welche 1932 von W. H. Zachariasen [47] aufgestellt<br />
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