ASAXS - Helmholtz-Zentrum Berlin
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3.1 Glas/Glaskeramik<br />
Ein weiteres Modell ist das Feldstärkemodell nach Dietzel [50], welches eine Weiterentwicklung<br />
der Ideen von Goldschmidt darstellt. Hierfür führte er den Begriff der Feldstärke F ein,<br />
welche die Kraftwirkung ausgehend von einem Ion auf ein zweites Ion beschreibt. Er konnte<br />
zeigen, dass die beim Glasaufbau beteiligten Ionen sich in die drei von Zachariasen eingeführten<br />
Gruppen Netzwerkbildner, Netzwerkänderer und Zwischenoxide einordnen lassen.<br />
Parallel zur Entwicklung der CNR entwickelte Lebedev die Kristallithypothese für die Glasstruktur<br />
[45]. Nach Lebedev kann die Struktur der Gläser als eine Anhäufung von mikrokristallinen<br />
Gebilden angesehen werden. Der Ordnungszustand ist im <strong>Zentrum</strong> der Kristallite am<br />
größten und nimmt zur Peripherie hin stark ab. Diese amorphen Zwischenphasen, welche alle<br />
Kristallite umgibt, verbinden diese untereinander.<br />
Im Gegensatz zu der CRN-Theorie gibt es weitere Vorstellungen für die Beschreibung der<br />
Glasstruktur, welche von einem Netzwerk dicht gepackter Kugeln ausgehen (random-closepacked<br />
network; RCP network). Die RCP-Theorien basieren auf der Annahme, dass die interatomaren<br />
Potenziale späherische Symmetrie aufweisen, wodurch die Atome als Kugeln mit einer<br />
bestimmten Härte interpretiert werden können. Ein Beispiel ist das Harte-Kugel-Glas von<br />
Zallen [45]. Eine dominierende Eigenschaft der RCP-Theorien ist das Bestreben die Anzahl<br />
der nächsten Nachbaratome (Koordinationszahl) zu maximieren. Die Glasstruktur entsteht<br />
einerseits durch zufällige Anordnung unterschiedlicher Polyeder und andererseits durch eine<br />
ungenügende Packungsdichte der ungeordneten Polyeder. Eine detaillierte Beschreibung der<br />
verschiedenen RCP-Theorien wird von Bernal [51–53], Stewart [54] und Zallen [53] gegeben.<br />
Mehrkomponentige Gläser lassen sich im Allgemeinen nicht oder nur unzureichend mit den<br />
beiden Vorstellungen CRN und RCP beschreiben. Der Grund hierfür ist die deutlich komplexere<br />
Glasstruktur. Vielmehr ist es nötig, die Strukturmodelle durch numerische Modellierungen<br />
und experimentelle Erkenntnisse zu erweitern. In den folgenden Kapiteln wird insbesondere<br />
auf den letzteren Punkt eingegangen.<br />
3.1.2 Methoden der Dotierung von Gläsern mit Metallionen<br />
Neueste Fortschritte hinsichtlich der Anwendung von Gläsern als nanophotonische Bauelemente<br />
(z. B. optische Verstärker, Faserlaser, ...) basieren auf der gezielten Modifikation der<br />
Glasstruktur [55–57]. In diesem Kontext ist die Erzeugung und Einbettung von Nanopartikeln<br />
sowie deren übergeordnete Strukturierung von Bedeutung. Auf diesem Gebiet wurde in den<br />
letzten Jahrzehnten intensiv geforscht. Die für das Wachstum von Nanopartikeln in Gläsern<br />
benötigten Ionen können durch verschiedene Methoden in die Glasstruktur implementiert werden.<br />
Erste Gläser bei denen bereits metallische Nanopartikel eingebaut worden waren, stellen<br />
Gold-Rubin Gläser dar [58].<br />
Die Herstellung von dotierten Gläsern kann durch Vermischen von Metallsalzen (AgNO3,<br />
AuCl3, ...) oder Metalloxiden bzw. -fluoriden (GeO, CdF, PbF2, ...) mit den Glasausgangsstoffen<br />
(Siliciumdioxid, Alkali- und Erdalkalikarbonate, ...) erfolgen. Das fein gemörserte Stoffgemisch<br />
wird für mehrere Stunden oberhalb der Glasschmelztemperatur (> 1000 ◦ C) erhitzt,<br />
um gasförmige Bestandteile zu entfernen sowie eine homogene Verteilung aller Komponenten<br />
in der Schmelze zu gewährleisten. Die Schmelze muss im nächsten Schritt der Glasherstellung<br />
sehr schnell abgeschreckt werden, um eine mögliche Kristallisation zu unterbinden. Diese<br />
kann bei zu langsamem Abkühlen einsetzen, da man sich im Phasendiagramm durch Bereiche<br />
bewegt, in denen es zur Kristallisation kommen kann.<br />
Im „Normalfall“ sollten die eingebrachten Metallionen (Au + , ...) homogen verteilt in das<br />
Glasnetzwerk integriert sein. Die Erzeugung von Nanoteilchen kann durch verschiedene Nachbearbeitungsprozesse<br />
des Glases initiiert werden. In den meisten Fällen ist es nötig, die Metallionen,<br />
welche in höheren Oxidationsstufen (+I, +II, ...) vorliegen, zu elementarem Metall der<br />
Oxidationsstufe 0 zu reduzieren [59]. Dies kann durch zusätzliche Reduktionsmittel im Glas<br />
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