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12 Jahre Ostzusammenarbeit - Evaluation 2003/4 - Band 2 - DEZA

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Bezüglich der Frage nach der von der Weltbank zur Zeit angestrebten Teilprivatisierung des<br />

Energiesektors muss zum besseren Verständnis erwähnt werden, dass dieses neue Konzept<br />

erst entstanden ist, nachdem die ursprüngliche Idee zur Einrichtung von staatlichen<br />

,Profitzentren’ bereits im Anfangsstadium scheiterte (Korruption fördernd etc.). Ob eine Teilprivatisierung<br />

allerdings, insbesondere in den Bereichen Stromverteilung und Gebühreneinzug,<br />

die Ideallösung ist, sei dahingestellt. Dass bei rein profitorientiertem Denken soziale und<br />

Umweltaspekte leicht an Bedeutung verlieren, ist offensichtlich. Ebenso offensichtlich ist,<br />

dass bei dieser Konstellation ein finanziell schwacher Partner wie die Schweiz nur relativ geringen<br />

Einfluss auf die globale Entwicklungspolitik des Landes nehmen kann, trotz der<br />

Schweizer Sonderstellung als Präsidentenberater.<br />

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass sich der von der WB vorgeschlagene<br />

Entwicklungsplan im kirgisischen Energiesektor ausschliesslich auf eine Sektoranalyse<br />

von 1995 (World Bank, 1995) beschränkt. Die Energiepolitik stützt sich auch weiterhin auf<br />

diese Sektoranalyse und nicht auf einen allgemein üblichen Masterplan, der in der Regel einen<br />

holistischen Planungsansatz hat und die Langzeitperspektiven für die Energieversorgung<br />

eines Landes anspricht.<br />

Sektoranalysen dienen einem bestimmten Zweck: sie sind sinnvoll und berechtigt als eine<br />

erste Bestandesaufnahme. Mit Hilfe einer Sektoranalyse lassen sich zentrale Probleme<br />

schnell erkennen, für die in der Folge prioritäre Lösungsmassnahmen erarbeitet werden<br />

können. Eine Sektoranalyse ist allerdings kein Ersatz für einen Masterplan. Ein Masterplan,<br />

unabhängig vom Sektor, wird in der Regel multidisziplinär und unter Berücksichtigung aller<br />

Sektoren erstellt. Bezogen auf den Energiesektor heisst das, dass der fachliche Beitrag von<br />

Ingenieuren denselben Stellenwert haben kann wie der Beitrag von Soziologen, Raumordnungsplanern<br />

und Ökologen.<br />

Sektoranalysen eignen sich dafür, Aktionspläne nach Prioritäten zu erstellen und kurzfristig<br />

dringende Probleme zu bekämpfen (bush-fire approach). Masterpläne dagegen dienen dazu,<br />

einen (evolutionären) Prozess mit klaren Leitlinien zu steuern. Ohne Masterplan gibt es keine<br />

ausgewogene Langzeitperspektive.<br />

Im konkreten Fall Kirgisistan ist zu berücksichtigen, dass die Sektoranalyse, die bereits 1995<br />

von den Bretton Woods Institutionen erstellt wurde, weder das Kyoto Protokoll noch andere<br />

internationale Konventionen, die nach 1995 entstanden sind (i.e., Biodiversitätsabkommen,<br />

Ramsar etc.), berücksichtigen konnte.<br />

Ein progressiver Masterplan würde die Vor- und Nachteile von Thermalkraftwerken im Vergleich<br />

zur Wasserenergie oder Alternativquellen ergründen. Ein Masterplan würde ebenfalls<br />

die Möglichkeiten von Energiesparmassnahmen aufzeigen (siehe CAMP Projekt). Ein Masterplan<br />

würde ein ausgewogenes Energiekonzept vorstellen, an dem sich Geberorganisationen<br />

längerfristig und verlässlich orientieren könnten. Es geht bei einem Masterplan nicht allein<br />

um die Anpassung an Verbraucherprognosen (Ingenieursaspekte), sondern vielmehr<br />

auch um Fragen der für ein Land und seine Rahmenbedingungen angepassten Energieform,<br />

geeignete Standorte zur Energieerzeugung, Alternativen und ergänzende Massnahmen<br />

(Kleinturbinen, Windenergie, Nachtstromspeicherung etc.), Energiesparmassnahmen,<br />

Selbsthilfe, Sozialversorgung, Umweltbewusstseinsförderung, gestaffelte Tarife, Nachhaltigkeit,<br />

Versorgung von Prioritätsbereichen (Erziehungssektor, Gesundheitswesen) und vieles<br />

andere mehr. All diese Bereiche und Fragen können sicherlich nicht ausreichend mittels einer<br />

Sektoranalyse abgedeckt bzw. beantwortet werden. 28<br />

28 Der Gesundheitssektor in Kirgisistan ist ein klassisches Beispiel. Anfangs leisteten Schweizer Hilfswerke in Zusammenarbeit<br />

mit seco sozusagen „Erste Hilfe“. In einer Folgephase nach 1998 ging man bereits systematischer vor, basierend auf einer<br />

vorläufigen Sektoranalyse. Heute bestimmt der Masterplan „MANAS“ den Entwicklungsprozess im Gesundheitswesen auf allen<br />

Ebenen. Die Schweiz und die Weltbank haben massgeblich zur Schaffung von MANAS beigetragen, und eine ähnliche<br />

Vorgehensweise wäre auch für den gleichrangigen Energiesektor empfehlenswert. Dasselbe Argument gilt für viele andere<br />

Bereiche, in denen die Schweizer <strong>Ostzusammenarbeit</strong> tätig ist. So lassen sich beispielsweise keine sinnvollen Landreformen<br />

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