12 Jahre Ostzusammenarbeit - Evaluation 2003/4 - Band 2 - DEZA
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oder Autonomie des Kosovo), Korruption und die Präsenz internationaler Truppen und Verwaltungen<br />
bestimmen weiterhin das Bild der Region. Dabei hatte Jugoslawien innerhalb der<br />
Staaten Osteuropas eine Sonderstellung eingenommen: Dank ideologischer Distanz zu den<br />
Machtzentren des Sozialismus (Moskau und Peking) und in Verbindungen mit den in Westeuropa<br />
geführten gesellschaftlichen Diskussionen war es im Westbalkan zu einer eigenständigen<br />
Entwicklung gekommen. Seit den 70er <strong>Jahre</strong>n war hier ein Modell der Selbstverwaltung<br />
(von Betrieben) realisiert worden, welches den Individuen ein vergleichsweise grosses<br />
Mass an Freiheiten gebracht hatte. Eine relativ „liberale“ Wirtschaftsordnung mit vielfältigen<br />
weltweiten Beziehungen, eine entwickelte Industrieproduktion und ein ausgebauter Dienstleistungssektor<br />
waren wichtige Merkmale der jugoslawischen Ökonomie. Die Möglichkeit zu<br />
Privatbesitz und zu Reisen ins westliche (und östliche) Ausland und die Arbeitsmigration vieler<br />
jugoslawischer Bürger nach Westeuropa, in die USA oder nach Australien zeichneten das<br />
jugoslawische Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell zusätzlich aus. Die sehr engen Beziehungen<br />
zu Zentraleuropa bestanden ausserdem historisch v.a. über die Zugehörigkeit von<br />
Teilen des Staates zur österreichisch-ungarischen Monarchie; aktuell dank der vielen Touristen,<br />
welche ihre Sommerferien an der dalmatischen Küste verbrachten.<br />
Diese verhältnismässig ausgezeichneten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Transitionsprozess<br />
nutzte das Land nicht. Nur Slowenien – ab 2004 EU-Mitglied und voraussichtlich<br />
gleich Netto-Beitragszahler – hat die vorhandenen Potentiale umzusetzen gewusst und hat<br />
seine Transition ohne Verzögerungen in Angriff nehmen können. Kroatien befindet sich<br />
ebenfalls auf dem Weg einer raschen „Normalisierung“ und einer Annäherung an die EU,<br />
möglicherweise im Gleichschritt mit Bulgarien und Rumänien. Das restliche Ex-Jugoslawien<br />
ist weiterhin mit sich selbst und seiner rezenten Geschichte beschäftigt. Die Kriege und ihre<br />
Folgen haben es hier nicht erlaubt, die Neugestaltung der Wirtschaft, der Politik und der Gesellschaft<br />
zur prioritären Aufgabe zu machen – und wo es möglich gewesen wäre, fehlte zumeist<br />
der politische Wille. Die Fortschritte im Transitionsprozess sind deshalb gering, und die<br />
Liste der noch ungelösten Aufgaben ist lang. Bosnien und Herzegowina ist noch weit davon<br />
entfernt, ein konsolidierter Staat zu sein: Zu schwach sind die Zentralbehörden und zu unterschiedlich<br />
sind die beiden Entitäten (Förderation und Republika Srpska) verfasst. Zu den<br />
Schwächen des Staates gehört neben der Qualität seiner Dienstleistungen auch die mangelnde<br />
Klärung seiner Rolle im Wirtschaftsleben: Er ist nicht mehr Besitzer und Investor,<br />
sondern nur noch zuständig für die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen. Der Aufbau<br />
moderner staatlicher Institutionen ist eine der dringlichsten Herausforderungen für das Land,<br />
dessen politisches Leben zu guten Teilen weiterhin entlang den militärischen Konfliktlinien<br />
des Krieges verläuft. Eine Pluralisierung findet nur sehr zaghaft statt und bleibt prekär.<br />
Ebenso ist die soziale Kohäsion äusserst fragil. Kooperationen zwischen ehemals verfeindeten<br />
Bevölkerungsgruppen sind die Ausnahme. Und es besteht keine kurzfristige Aussicht<br />
darauf, dass ein deutlicher und nachhaltiger wirtschaftlicher Aufschwung die Spannungen<br />
zwischen Gruppen und Entitäten in den Hintergrund treten lassen und Versöhnung zu einer<br />
mittelfristig wirksamen Option werden könnte. Wirtschaftlich ist das innerhalb des ehemaligen<br />
Jugoslawien als industrialisiert geltende BiH weit hinter den Vorkriegszustand zurückgeworfen.<br />
Die Subsistenzproduktion ist für viele Haushalte zur wichtigen Lebensgrundlage<br />
geworden. Ebenso überleben viele BewohnerInnen BiHs dank der finanziellen Zuwendungen<br />
von ins Ausland emigrierten Verwandten. Gegenwärtige ökonomische Aktivitäten von einigem<br />
Nennwert sind dem Dienstleistungssektor zuzurechnen, hauptsächlich dem Import von<br />
Konsumgütern, oder der Schattenwirtschaft. Eine signifikante und für internationale Märkte<br />
bestimmte industrielle Produktion gibt es nicht. Und die schwierigen Rahmenbedingungen<br />
(dazu gehören auch die rechtlichen Bestimmungen) haben ausländische Investoren bisher<br />
von Engagements in BiH abgehalten.<br />
Der durch den Krieg und seine Folgen behinderte Transitionsprozess ist ausserdem durch<br />
seine schwache Verankerung in lokalen Strukturen charakterisiert. Er wird bisher hauptsächlich<br />
durch externe Akteure getragen, deren Akzeptanz bei der lokalen Bevölkerung und ihren<br />
Institutionen nicht überaus gross ist. Der Begriff des „Protektorats“ wird für BiH ebenso verwendet<br />
wie für den Kosovo. Ein Office of the High Representative überwacht die zivilen Aspekte<br />
der Umsetzung des Dayton Agreements, und NATO-Truppen verhindern das Ausbrechen<br />
neuer Gewaltakte. Diese internationale Präsenz und die Aktivitäten multi- und bilatera-<br />
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