12 Jahre Ostzusammenarbeit - Evaluation 2003/4 - Band 2 - DEZA
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nachhaltige Wirkung hat. Für die bulgarische Seite war u. a. besonders attraktiv, dass die<br />
schweizerische Unterstützung, etwa im Vergleich zu EU-Projekten, rasch realisiert werden<br />
konnte.<br />
Kooperation und Lernprozesse<br />
Kooperationspartner vor Ort war zunächst das Finanzministerium. Die Projektidentifikation<br />
erfolgt üblicherweise so, dass das Finanzministerium dem seco Projektvorschläge vorlegt.<br />
Das seco prüft die Vorschläge und trifft dann eine Auswahl. Danach war im vorliegenden Fall<br />
der wichtigste Partner die Gemeinde Plovdiv selbst.<br />
Die Tatsache, dass das Projekt Plovdiv realisiert werden konnte, ist zwei Tatbeständen zuzuschreiben.<br />
Zum einen gelang es der Gemeinde, die angestrebte Rehabilitierung der alten<br />
Kläranlage auf die nationale Prioritätenliste zu bekommen. Zum anderen war die Gemeinde<br />
in der Lage, die Zentralregierung für die Übernahme der Lokalkosten zu gewinnen (wie zuvor<br />
angesprochen ca. CHF 5.4 Mio.). Die Gemeinde selbst konnte nur BNG 50'000 (ca. CHF<br />
42'000) beisteuern.<br />
Dass diese Mobilisierung von Mitteln der Zentralregierung gelang, hat zweifellos damit zu<br />
tun, dass Plovdiv Bulgariens zweitgrösste Stadt und ein wichtiges Produktions- und Handelszentrum<br />
ist. Andere, das heisst u. a. kleinere, Gemeinden wären mit grösster Wahrscheinlichkeit<br />
nicht in der Lage, solche Lokalkostenbeiträge zu mobilisieren. Dies gilt wahrscheinlich<br />
auch für die nationale Priorisierung von Projektvorschlägen. Eigenfinanzierungen<br />
auf Gemeindeebene kann man, wie das Beispiel Plovdiv zeigt, praktisch ausschliessen. Die<br />
Gemeinden haben keine Investitionsmittel aus eigenen Einnahmen.<br />
Folgerungen<br />
Plovdiv ist ein erfolgreiches Projekt, das sein Ziel – die Reduktion von Schadstoffemissionen<br />
im Fluss Maritsa – effizient und mit guter Perspektive für eine nachhaltige Wirkung erreicht<br />
hat. Nennenswerte Schwächen bei der Umsetzung des Projekts sind nicht sichtbar geworden.<br />
Es ist auch deutlich geworden, wo das seco eine wichtige Nische füllt: es kann kleine<br />
bis mittelgrosse Infrastrukturprojekte rasch, effizient, unbürokratisch und flexibel realisieren.<br />
Grosse, vor allem multilaterale Donatoren wie beispielsweise die EU, haben hier Nachteile.<br />
Schwachstellen der Projektfinanzhilfe des seco, die auch für das Beispiel Plovdiv relevant<br />
sind, liegen eher im Bereich der Projektidentifikation und werden erst dann erkennbar, wenn<br />
man das Gesamtpaket und die gesamte Vorgehensweise der Projektfinanzhilfe ins Blickfeld<br />
nimmt.<br />
Die Projektidentifikation über Vorschläge des bulgarischen Finanzministeriums kann Probleme<br />
verursachen, da das seco nicht genau weiss, nach welchen Kriterien die nationale Prioritätenliste<br />
zustande kommt. Im Idealfall werden Infrastrukturprojekte mit den höchsten Prioritäten<br />
(sprich Wohlfahrtsgewinnen) zuerst realisiert. Im ungünstigsten Fall widerspiegeln die<br />
priorisierten Vorschläge politische Opportunitäten, die kaum oder keinen Wohlfahrtsüberlegungen<br />
folgen. Die endgültige Auswahl des seco folgt dann wiederum Kriterien aus dem eigenen<br />
Haus. Im ungünstigsten Fall läuft somit die Projektidentifikation Gefahr, ohne für das<br />
seco transparente und nachvollziehbare Prioritäten bzw. Rangfolgen von Wohlfahrtsgewinnen<br />
vollzogen zu werden.<br />
Das Beispiel Plovdiv kann dies veranschaulichen. Die Gemeinde hatte eine veraltete und<br />
unzureichende Kläranlage, deren Rehabilitation, insbesondere über den Anschluss des Nordens<br />
der Stadt, zweifellos einen Wohlfahrtsgewinn im Umweltbereich darstellt. Aber man<br />
muss sehen, dass die alte Kläranlage existierte und in Betrieb war. Die Qualität des geklärten<br />
Wassers ist nach Aussage des bulgarischen Ingenieurs des schweizerischen Generalunternehmers<br />
heute "etwas" besser als vor der Rehabilitation. Auf die Frage, was denn ohne<br />
diese Massnahme geschehen wäre, antwortete der Direktor der Anlage, dass man dann<br />
eben die alte Anlage weiter in Betrieb gehalten hätte. Der grösste Nutzengewinn, gemessen<br />
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