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Download der ganzen Chronik - Gemeinde Heyen

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<strong>Chronik</strong> <strong>Heyen</strong><br />

Am Nachmittag brachten wir unsere Koffer in den Keller zu Bodes. Gegen Abend bekamen wir<br />

noch zwanzig SS-Leute zur Einquartierung. Sie wurden in Scheunen untergebracht. In <strong>der</strong><br />

Dämmerung tauchten zwei Soldaten auf, die nicht mehr laufen konnten. Sie erhielten bei Möllers<br />

Quartier, einer aß bei uns zu Abend. Herr Sporle<strong>der</strong> Nr. 3 war am Nachmittag zum Bückeberg<br />

gewesen und hatte die Lage erkundet. Er sagte, alle Straßen dort seien mit Panzern besetzt. In<br />

<strong>der</strong> Dunkelheit fuhren die zwanzig SS-Soldaten mit einem Wagen nach Linse.<br />

Unsere Einquartierung, <strong>der</strong> Soldat mit den wunden Füßen, war auch schon fort. Die Leute liefen<br />

alle in die Keller. Das Brummen wurde immer stärker, schließlich wollten auch wir (Leni und ich) in<br />

den Keller zu Möllers Nr. 90 gehen. Plötzlich ertönte im Dorf ein Lautsprecher:<br />

„Einwohner von <strong>Heyen</strong>, viele amerikanische Panzer sind im Anrollen. Leistet keinen<br />

Wi<strong>der</strong>stand, sonst richten wir unsere Rohre auf euer Dorf, in einer halben Stunde wird es<br />

vernichtet sein. Geht alle zurück in eure Wohnungen, verhaltet euch ruhig und hisst die<br />

weiße Flagge. Soldaten, die im Dorf sind, haben sich ruhig zu verhalten und das Weitere<br />

abzuwarten!“<br />

Wie eine Bombe schlugen die Worte ein. Ein ganz unruhiges Gefühl beschlich mich in diesem<br />

Augenblick. Das, worauf man jahrelang gehofft hatte, stürzte plötzlich wie ein Häufchen Asche<br />

zusammen, denn an einen Einmarsch <strong>der</strong> Amerikaner hatten wir nie geglaubt. Wir gingen daher<br />

alle in unsere Wohnungen. Es war stockdunkel und regnete in Strömen. Manche Leute hängten<br />

Bettlacken aus dem Fenster, an<strong>der</strong>e auch nur ein Handtuch. Wir hörten nur das Rattern <strong>der</strong><br />

Panzerketten und den Motorenlärm, sehen konnten wir nichts.<br />

8.6 Schwierige Nachkriegsjahre<br />

(Hermann Wiemann)<br />

Anfang 1944 musste <strong>der</strong> bisherige Bürgermeister und Ortsbauernführer Hun<strong>der</strong>tmark Soldat<br />

werden. Hermann Wiemann sen. weigerte sich zuerst, dieses unbeliebte Amt zu übernehmen.<br />

"Entwe<strong>der</strong> Sie werden Ortsbauernführer o<strong>der</strong> Sie werden ebenfalls eingezogen", stellte ihm <strong>der</strong><br />

Ortsgruppenleiter <strong>der</strong> NSDAP und Kreisbauernführer August Bock aus Wegensen, ein Ultimatum.<br />

Die Ortsbauernführer hatten für die Einhaltung <strong>der</strong> Planwirtschaft, für die Sollerfüllung und<br />

Ablieferung <strong>der</strong> landwirtschaftlichen Produkte zu sorgen. Dabei entstanden auch wirtschaftliche<br />

Schwierigkeiten bei den Bauern, die wenig ernteten o<strong>der</strong> zu viele Lebensmittel für an<strong>der</strong>e Produkte<br />

eintauschten.<br />

Nach <strong>der</strong> Besetzung wurden die meisten Ortsbauernführer durch die Militärregierung in ihren<br />

Ämtern belassen. Die Erfassung von Nahrungsmitteln, die sich in den Kriegsjahren bewährt hatte,<br />

sollte beibehalten werden. Durch Abtrennung <strong>der</strong> Ostgebiete mussten die westdeutschen Bauern<br />

etwa 15 Millionen Menschen mehr ernähren.<br />

Ein harter Winter 1945/46 verschlimmerte die Lage. Ende 1945 erfroren tonnenweise Kartoffeln in<br />

den Eisenbahnwaggons, weil sie zu spät auf Anordnung <strong>der</strong> Militärregierung beschlagnahmt und<br />

verladen wurden. Der "Kohlenklau" ging um. Selbst aus Eisenbahnwaggons wurden Kohlen<br />

entwendet. Bäume wurden in den Gärten umgesägt und Möbel zerhackt. Die Züge waren<br />

ungeheizt und <strong>der</strong> Strom musste zeitweise abgestellt werden. In vielen Schulen fiel <strong>der</strong> Unterricht<br />

wegen Heizungsmangel aus. Der Tauschhandel machte sich breit. In <strong>der</strong> Britischen Zone begann<br />

im März 1946 die Kin<strong>der</strong>speisung aus alliierten Verpflegungslagern und Einfuhren.<br />

Der nächste Winter 1946/47 wurde noch eisiger. Treibstoff und Kohlen fehlten. Die Industrie<br />

konnte nicht arbeiten, die Verkehrsmittel und <strong>der</strong> Unterricht an den Schulen mussten stark<br />

eingeschränkt werden. Im Sommer 1947 machte eine geringe Ernte, verursacht durch Trockenheit,<br />

die Ernährungslage nochmals schwieriger. Hermann Wiemann sen. trat 1948 von dem Amt des<br />

Ortslandwirts zurück.<br />

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