Die Tagespflege - Zwischen konzeptionellem Anspruch und realer ...
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1. <strong>Die</strong> <strong>Tagespflege</strong> als Baustein im BMG-Modellprogramm<br />
Das BMG-Modellprogramm „Verbesserung der Situation der Pflegebedürftigen“ dient<br />
der Vorbereitung <strong>und</strong> Umsetzung der Pflegeversicherung. Im Mai 1994 wurde die<br />
soziale Pflegeversicherung als fünfte Säule der Sozialversicherung eingerichtet. Damit<br />
endete eine langjährige <strong>und</strong> kontroverse Diskussion darüber, auf welche Art das Risiko<br />
einer Pflegebedürftigkeit abzusichern sei. <strong>Die</strong> Zielsetzungen, die man mit dem neuen<br />
Versicherungszweig verband, waren vielschichtig.<br />
Zunächst sollte die Sozialhilfeabhängigkeit Pflegebedürftiger reduziert werden. <strong>Die</strong>s<br />
war auf Gr<strong>und</strong> einer sich abzeichnenden finanziellen Überforderung der Sozialhilfeträger<br />
dringend notwendig geworden. Denn die im Pflegefall entstehenden Kosten überstiegen<br />
oft die Einkommen der Betroffenen, so dass mit einer Pflegebedürftig-keit regelmäßig<br />
auch die Sozialhilfeabhängigkeit einher ging.<br />
Ein wichtiges Argument war die antizipierte Abnahme häuslicher Pflegeressourcen<br />
durch die demographische Entwicklung <strong>und</strong> sich verändernde Familien- <strong>und</strong> Haus-<br />
haltsstrukturen. Für die Einschätzung häuslicher Pflegepotentiale ist vor allem die<br />
relative Zahl älterer Menschen, das heißt, ihr Verhältnis zu den jüngeren Alterskohorten<br />
von Bedeutung. Von 1950 bis 1995 stieg der relative Anteil der über 60-Jährigen in der<br />
B<strong>und</strong>esrepublik von 14,4 % auf 21,0 % 1 . Im Jahr 2030 rechnet man mit einem Anteil von<br />
36 % an der Gesamtbevölkerung 2 . <strong>Die</strong> Schere zwischen Pflegebedürftigen <strong>und</strong> poten-<br />
ziellen Helfer/innen wird zusätzlich durch einen Wandel familialer Strukturen geöffnet, der<br />
sich u.a. in der wachsenden Zahl Kinderloser zeigt 3 . Auch steigende Scheidungsraten,<br />
eine kontinuierlichere Erwerbstätigkeit von Frauen <strong>und</strong> der Trend zur beruflichen Mobili-<br />
tät schränken die häuslichen Pflegeressourcen ein.<br />
1<br />
B<strong>und</strong>esministerium für Familie, Senioren, Frauen <strong>und</strong> Jugend (Hrsg.) 1998. Zweiter Altenbericht:<br />
Wohnen im Alter. Drucksache 13/9750. Bonn. S. 48.<br />
2<br />
a.a.O. B<strong>und</strong>esministerium für Familie, Senioren, Frauen <strong>und</strong> Jugend (Hrsg.) 1998. S. II.<br />
3<br />
„Während vor r<strong>und</strong> 25 Jahren noch 72 % der Bevölkerung in Haushalten mit Kindern lebten, sind es<br />
heute nur noch 58 %. Blieben im früheren B<strong>und</strong>esgebiet nur etwa 13 % der 1945 geborenen Frauen<br />
<strong>und</strong> 15 % des Frauenjahrgangs 1950 kinderlos, wird von den 1960 geborenen westdeutschen Frauen<br />
wahrscheinlich jede Vierte keine Kinder bekommen. Für den Jahrgang 1965 gibt es Schätzungen,<br />
wonach bis zu einem Drittel kinderlos bleiben wird.“ (a.a.O. B<strong>und</strong>esministerium für Familie, Senioren,<br />
Frauen <strong>und</strong> Jugend (Hrsg.) 1998. S. II.).<br />
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