Die Tagespflege - Zwischen konzeptionellem Anspruch und realer ...
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• Das Mitansehenmüssen des geistigen Abbaus <strong>und</strong> die auffälligen <strong>und</strong> aggressiven<br />
Verhaltensweisen der Dementen: „Wenn man den Menschen so sein Leben lang<br />
gekannt hat <strong>und</strong> weiß, wie er eigentlich ist, kann man es fast nicht glauben, wenn<br />
man ihn jetzt im fortgeschrittenen Stadium seiner Krankheit sieht. Dass der Mensch,<br />
der einem so nahe steht, da wirklich hinkommt. Also das ist schon schwer, <strong>und</strong> das<br />
dauert, also das hat bei mir echt mehr als Monate gedauert, Jahre eigentlich ... Sie<br />
verlieren einen lieben Menschen Stück für Stück. Sie machen die Pflege, das ist ein<br />
kontinuierlicher Abschied."<br />
• <strong>Die</strong> Beschneidung der persönlichen Freiräume: <strong>Die</strong> Angehörigen sind für die<br />
Demenzkranken oft die einzig verbliebene Verbindung zur realen Welt. In ihrer Ab-<br />
wesenheit reagieren sie mit Verunsicherung <strong>und</strong> Panik: „Schwierig war dieses<br />
wahnsinnige Klammern, also dass ich wirklich keinen Schritt tun konnte, ohne dass<br />
sie hinter mir her ist. Also das hat mich echt gestresst ... Ich war oder bin die Brücke<br />
zur Realität. Und deshalb hat sie mich so geklammert, weil sie über mich so eine<br />
Sicherheit gekriegt hat."<br />
• <strong>Die</strong> Isolation: Durch die Übernahme der Pflege dünnen sich die sozialen Bezie-<br />
hungen aus. Zum einen fehlt die Zeit zur Kontaktpflege, zum anderen stehen die<br />
Pflegenden unter einem starken Druck, so dass sie ihrer Umwelt oft gereizt <strong>und</strong><br />
empfindlich begegnen. „Dann, dass ich abends nicht mehr weggehen konnte. Ich<br />
hatte keine Freizeit mehr plötzlich. Ich musste mich um meine Mutter kümmern, was<br />
anderes gab es nicht mehr ... Auch die Verwandten, die haben sich also sehr ent-<br />
fernt. Ich glaube erstens mal vielleicht Berührungsängste, zweitens auch die Angst,<br />
dass sie vielleicht da irgendwie mal einbezogen werden könnten in die Betreuung."<br />
Gerade die Angehörigen Demenzkranker können häufig nach bereits mehrjähriger<br />
Betreuungsphase durch die Unterstützung der <strong>Tagespflege</strong> wieder eine gewisse<br />
Normalität in ihr Leben bringen. "Ich hab zuerst mal nur geschlafen, weil ich körperlich<br />
völlig am Ende war. Dann fängt man an, wieder so ein bisschen hobbymäßig im ganz<br />
nahen Umfeld was zu machen, im Haus oder im Garten. Und dann fängt man an, das<br />
langsam zu erweitern, dass man vielleicht mal wieder jemanden anruft <strong>und</strong> mal wieder<br />
was unternimmt. Aber das dauert ganz lange, bis man überhaupt wieder leben kann".<br />
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