Die Tagespflege - Zwischen konzeptionellem Anspruch und realer ...
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Durch den gewonnenen Freiraum sammeln die Pflegenden neue Kräfte <strong>und</strong> haben auch<br />
in schwierigen Situationen wieder mehr Geduld im Umgang mit den Demenzkranken.<br />
So können unter Umständen auch Zuspitzungen vermieden werden, wie sie in engen<br />
Pflegebeziehungen als Überlastungsreaktionen auftreten. "Also es war früher so, dass<br />
ich auch mal gebrüllt habe, wirklich regelrecht gebrüllt, weil sie einfach nicht das machen<br />
wollte, was ich ihr gesagt habe oder sie mich einfach überbeansprucht hat. Aber ich<br />
denke, das ist normal <strong>und</strong> das ist eben auch das Gute an <strong>Tagespflege</strong>, weil man dann<br />
als Pflegender einen gewissen Abstand bekommt".<br />
Im Laufe der Zeit verlieren die Angehörigen in der Regel das schlechte Gewissen, nicht<br />
mehr allein für die Versorgung der Pflegebedürftigen aufzukommen. <strong>Die</strong>s ist auch<br />
deshalb möglich, weil sie sie in der <strong>Tagespflege</strong> gut versorgt wissen. Allein durch die<br />
erlebnisreichen Tage <strong>und</strong> die Kontaktmöglichkeiten kommen die Demenzkranken<br />
abends merklich ruhiger <strong>und</strong> ausgeglichener nach Hause. "Ich hatte am Anfang Proble-<br />
me, meine Mutter in eine <strong>Tagespflege</strong> abzugeben. Dabei kann man zu Hause gar nicht<br />
das leisten, was die <strong>Tagespflege</strong> den Kranken bringt. So viel Abwechslung, die ich als<br />
Laie gar nicht machen kann".<br />
Durch die <strong>Tagespflege</strong> erfolgt zum einen eine zeitliche Entlastung von der Pflege. Durch<br />
die Aktivierung in der <strong>Tagespflege</strong> können zudem Fortschritte erzielt werden, die sich<br />
wiederum positiv auf die häusliche Versorgung auswirken. So werden z.B. einfache<br />
Verrichtungen wieder eingeübt, die durch die mangelnde Geduld <strong>und</strong> Fachlichkeit der<br />
überlasteten Angehörigen nicht selten zu kurz gekommen sind. "Also, ich gebe meiner<br />
Mutter das Essen seit längerem, weil es mir einfach zu stressig war. Vor einiger Zeit,<br />
am Wochenende, greift sie plötzlich wieder nach dem Löffel. Und dann erfuhr ich von<br />
der Ergotherapeutin, dass sie mit so einem Speziallöffel mit meiner Mutter geübt hat.<br />
Und das finde ich enorm, dass sie das so nach Hause getragen hat. Eine Mahlzeit isst<br />
sie jetzt auch wieder zu Hause selbst <strong>und</strong> sie freut sich unwahrscheinlich darüber".<br />
Trotz der enormen Belastung wenden sich erfahrungsgemäß nur wenige Angehörige mit<br />
ihren Pflegeproblemen spontan nach außen. Gerade Frauen scheinen nach Auskunft<br />
der Modelleinrichtungen die an sie herangetragenen Pflegeerwartungen zu erfüllen,<br />
ohne in ausreichendem Maße an die eigenen Reserven zu denken. <strong>Die</strong> Einbeziehung<br />
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