Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
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Christologie – philosophisch? 115<br />
Wo findet sich nun das Begründungsfeld zum Thema<br />
"Christliche Philosophie"? Karl Jaspers sah drei mögliche Bedeutungen<br />
dieses Namens: "a) wenn Philosophie <strong>und</strong> Offenbarungsglaube<br />
im Bewusstsein des Denkens nicht getrennt sind,<br />
wie bei Augustinus, Anselm, Cusanus [...] b) [...] die Gestalten<br />
einer scheinbar selbständig gewordenen Philosophie, wie es die<br />
mo<strong>der</strong>ne thomistische Philosophie geworden zu sein behauptet<br />
[...] c) Philosophie kann schließlich christliche Philosophie heißen,<br />
weil sie dem Raum des Abendlandes angehört. Sehen wir<br />
sie von <strong>der</strong> griechischen o<strong>der</strong> gar <strong>der</strong> indischen <strong>und</strong> chinesischen<br />
Philosophie her, so spüren wir die alldurchdringende<br />
Atmosphäre, die noch bis zu den Skeptikern <strong>und</strong> Materialisten<br />
fühlbar ist." 283<br />
Hier sei <strong>der</strong> Name weiter als in <strong>der</strong> zweiten, enger als in <strong>der</strong><br />
dritten Bedeutung genommen: als Kennzeichnung eines Denkens,<br />
das seine geschichtliche Christlichkeit positiv, bejahend,<br />
übernimmt, ohne sich jedoch hierdurch schon in den Dienst, gar<br />
in die Dienstbarkeit <strong>der</strong> Theologie zu begeben.<br />
Das heißt, ein Mensch, <strong>der</strong> Christ ist, reflektiert methodisch<br />
kritisch, argumentativ, seine Gr<strong>und</strong>situation in ihren wesentlichen<br />
Dimensionen <strong>und</strong> ist sich dabei seiner Bestimmtheit durch<br />
sein Christsein ebenso bewusst wie an<strong>der</strong>er historischer <strong>und</strong> sozialer<br />
Bestimmtheiten seines Denkens. In dieser Weise muss sich<br />
je<strong>der</strong>, auch ein nichtchristlicher Philosoph <strong>der</strong> eigenen Prägung<br />
bewusst sein. Die geistesgeschichtliche Situiertheit konkreter<br />
Philosophie beeinträchtigt keineswegs ihren Status <strong>und</strong> Anspruch<br />
als Philosophie. Schon gar nicht lässt sich darum Philosophie<br />
etwa dadurch als solche bestimmen, dass man sie (fast<br />
schon zwanghaft) von allen christlichen Spuren zu reinigen<br />
sucht.<br />
Wenn <strong>Glaube</strong> <strong>und</strong> Theologie daran liegt, mit gültiger Philosophie<br />
zu tun zu haben statt mit Kryptotheologie, dann wäre<br />
nicht zu vergessen, dass es auch Kryptotheologien negativen<br />
Vorzeichens gibt. Auch <strong>und</strong> gerade <strong>der</strong> Abgrenzungswille fixiert<br />
<strong>und</strong> entfremdet. Mir scheint we<strong>der</strong> nötig noch tunlich, als<br />
Ausweis philosophischer Echtheit Immanentismus, anti-metaphysischen<br />
Affekt o<strong>der</strong> eine sich mit "Ockhams razor" selbst<br />
beschneidende Rationalität 284 zu for<strong>der</strong>n. "Es ziemt sich, ohne<br />
_______________<br />
283 Der philosophische <strong>Glaube</strong> angesichts <strong>der</strong> Offenbarung, München<br />
1962, 61f.<br />
284 Zu Ockhams "Rasiermesser", dem denkerischen "Sparsamkeitsprinzip"<br />
informiert prägnant C. F. Gethmann in EPhW II 1063f. Zur