Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
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Kapitel 3<br />
den Anruf, son<strong>der</strong>n zugleich auch in Wi<strong>der</strong>spruch zu uns selbst<br />
(zu unserem "besseren Ich"), zu unserem je schon gesprochenen<br />
Ja – in dem wir uns gewissermaßen schaffen "lassen".<br />
b) Bringen wir wie zuvor den Ausgriff-Beweis so jetzt auch<br />
das moralische Argument in satzhafte Formulierung, dann mag<br />
die lauten: 1. Als "Faktum <strong>der</strong> Vernunft" (I. Kant) trifft uns ein so<br />
einsichtiger wie schlechthin verpflichten<strong>der</strong> Imperativ. Er gilt fraglos,<br />
bedarf keiner Begründung, son<strong>der</strong>n rechtfertigt sich aus sich<br />
selbst (darum heißt er – seit Platon – "Licht"). 2. Gleichwohl stellt<br />
sich nicht allein anthropologisch, son<strong>der</strong>n schon ethisch die<br />
Frauge nach seinem Woher. Anthropologisch: Wie lässt sich<br />
verstehen, dass <strong>der</strong> bedingt-begrenzte Mensch <strong>der</strong>art unbedingt,<br />
kategorisch beansprucht wird? Ethisch: Genügt es, faktisch zu<br />
tun, was <strong>der</strong> Imperativ for<strong>der</strong>t, o<strong>der</strong> wäre das Tun nicht zugleich/zuvor<br />
als Antwort auf diesen Anspruch zu vollziehen? 3.<br />
In seiner Doppelgestalt von Einsichtigkeit <strong>und</strong> kategorischer<br />
Verpflichtung kann <strong>der</strong> Anspruch nicht von Sachgegebenheiten<br />
noch aus einem "Wertehimmel" ergehen, son<strong>der</strong>n einzig von<br />
freier <strong>Person</strong>wirklichkeit. Nicht einer solchen, die ihrerseits<br />
unter ihm stünde – das schöbe die Frage nur weiter – , son<strong>der</strong>n<br />
sie muss von Wesen gut <strong>und</strong> heilig sein: das Gute/Heilige in<br />
<strong>Person</strong>.<br />
Getroffen aber wird das Selbst von einem solchen Anspruch<br />
so wenig rein "objektiv", "theoretisch" wie es an<strong>der</strong>erseits sich<br />
selbst verpflichten könnte (schön, wenn jemand gut sein will;<br />
aber will er das wirklich, wird er bekennen, dass er dies soll).<br />
Dazu wird hier vorgeschlagen, Levinas' Rede von "Passivität jenseits<br />
<strong>der</strong> Passivität", mit Lauth durch "Medialität" zu ersetzen.<br />
Wobei das Medium ja (S. 34) nicht als dritte Aktionsart, son<strong>der</strong>n<br />
als erste zu zählen wäre. 203 R. Lauth hat dafür – in Ergänzung<br />
<strong>zur</strong> Evidenz – das Wort "Sazienz" geprägt (vom mittellateinischen<br />
sacire = ergreifen, das uns heute nur noch in saisir<br />
begegnet). 204: Sich ergreifen lassen von dem, was uns ergreift.<br />
Sogar, wie eben, wenngleich in Anführungszeichen, gewagt: sich<br />
_______________<br />
203 Und müssen wir es im Deutschen durch "Lassen" umschreiben:<br />
Sich betreffen, überzeugen... lassen; so haben wir doch "mediale" Wörter,<br />
so – im Unterschied zum passiven "(er)leiden" – "dulden" (sich gefallen<br />
lassen).<br />
204 Begriff, Begründung <strong>und</strong> Rechtfertigung <strong>der</strong> Philosophie,<br />
München 1967, 53-55; Ethik in ihrer Gr<strong>und</strong>lage aus Prinzipien entfaltet,<br />
Stuttgart-Berlin 1969, 31. Siehe Anm. 189.