Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
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Kapitel 5<br />
Erscheinung – die es darum auch nicht eigentlich sein kann:<br />
"Das Ich ist Erscheinung, <strong>und</strong> doch nicht die Erscheinung selbst<br />
als solche; es ist nur Bild <strong>der</strong> Erscheinung" (Drechsler 312).<br />
Was auf den ersten Blick paradox klingt, ist indes nichts<br />
an<strong>der</strong>es als die Konsequenz <strong>der</strong> Rede vom Bild-Bild <strong>und</strong> dürfte<br />
bei näherem Hinblick auf das Wesen von Erscheinung einsichtig<br />
werden. Ein Abbild schafft zwar seinen Gegenstand (das<br />
"Urbild") nicht; aber es stellt doch dessen "Konterfei" her <strong>und</strong><br />
dar. Eben darum aber tritt <strong>der</strong> Abgebildete hier auch nicht<br />
wirklich selbst auf, son<strong>der</strong>n wird "in absentia" durch es vertreten,<br />
in Erinnerung gerufen. Nicht so beim Bild als Erscheinung.<br />
Es "macht" vielmehr auf die Weise sichtbar, dass – "durch" es<br />
<strong>und</strong> in ihm – das Erscheinende selbst "sich versichtbart". Nicht<br />
bloß das Erscheinende also wird nicht vom Bilde "(nach)geschaffen",<br />
son<strong>der</strong>n auch nicht dessen Erscheinen; es selbst erscheint<br />
selbst – <strong>und</strong> ist <strong>der</strong>art da. Das Bild aber "dient" dem<br />
Erscheinungsgeschehen.<br />
Weiß nun das Bild um sich selbst, dann muss es nicht bloß<br />
um sein Erscheinung- (statt bloß Abbild-) sein wissen, son<strong>der</strong>n<br />
auch um sein Unterschiedensein von diesem eigentlichen<br />
(Selbst-)Erscheinen. Der Spruch des Propheten ist nicht/ist<br />
"Spruch des Herrn"; "Wer mich sieht, hat den Vater gesehen"<br />
bzw. den hat dessen Blick getroffen. – Man sieht, wie sich das<br />
"Durch" bereichert: "ein Leben in <strong>der</strong> Form des Durch, ein<br />
lebendiges Durch" (IX 46).<br />
3. In dieser Lehre vom "absoluten Bild" zeigt sich nun eine<br />
durchgängige Polarität: "des Ich als eines individuellen Ich <strong>und</strong><br />
des Ich als <strong>der</strong> Gesamtheit <strong>der</strong> Iche, als des Inbegriffs <strong>der</strong><br />
Menschheit <strong>und</strong> des Systems <strong>der</strong> Iche" (Drechsler 360). Der<br />
Inbegriff als "Eines Ich ist nicht in <strong>der</strong> Wirklichkeit" (IX 558):<br />
"Das eigentliche Urbild aber wird niemals wirklich, son<strong>der</strong>n<br />
liegt über aller Zeit, als ewig unsichtbarer Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Gesetz<br />
<strong>und</strong> Musterbild des unendlichen Fortbildens in <strong>der</strong> Zeit" (XI<br />
152).<br />
Mag es also einen konkreten Heiland geben, den Herrn als solchen<br />
gibt es hiernach einzig als Prinzip? Das tradierte Selbstverständnis<br />
des christlichen Credo wäre danach ein Selbst-<br />
Missverständnis. Im Blick auf die reale Geschichte wäre <strong>der</strong><br />
pluralistischen Religionstheologie zu folgen. Absolut ist einerseits<br />
<strong>der</strong> unfassliche Gott, an<strong>der</strong>erseits das von uns erwartete<br />
Heil. 304 Was W<strong>und</strong>er, dass heute die Christologie weithin in die<br />
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304 P. Knitter: "Unser Absolutes ist nicht Christus, noch nicht einmal