Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
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Kapitel 1<br />
Käme es jedoch <strong>zur</strong> faktischen Tötung, wäre das Ziel gegenseitiger<br />
Anerkennung im Erreichen verloren. So verteilt Hegel<br />
die Gewichte ungleich. Dem Selbst, das den Tod riskiert, als dem<br />
Herrn stellt er das am Leben hängende als Knecht gegenüber. 49<br />
Damit wird aber auch die Anerkennung ungleichgewichtig. Der<br />
Herr wird nur von einem Knecht anerkannt <strong>und</strong> <strong>der</strong> von ihm<br />
nur im Modus <strong>der</strong> Verachtung. Doch gerät <strong>der</strong> Knecht eben<br />
hierdurch in eine Selbstkonfrontation, die ihm in <strong>der</strong> gehorsam<br />
geleisteten Arbeit ermöglicht, seine "Begierde zu hemmen" (Ph<br />
135), also nachträglich die Distanzierung von den Lebenswünschen<br />
zu lernen <strong>und</strong> im Bilden von etwas, dem gestalteten Werk,<br />
sich selber zu bilden.<br />
Damit erscheint nun im Ungleichgewicht des Verhältnisses<br />
schon eine f<strong>und</strong>amentale innere Gleichheit: im Stoizismus, <strong>der</strong><br />
dem Einzelnen erlaubt, "wie auf dem Throne so in den Fesseln,<br />
in aller Abhängigkeit seines einzelnen Daseins frei zu sein" (138).<br />
Die weiteren Schritte – über die Etappen von Skeptizismus <strong>und</strong><br />
unglücklichem Bewusstsein über das "geistige Tierreich" <strong>der</strong><br />
Gesellschaft zu Moral <strong>und</strong> Sittlichkeit – sind jetzt nicht nachzuzeichnen.<br />
Am Ziel jedenfalls ist <strong>der</strong> ursprüngliche Begriff des<br />
Geistes wie<strong>der</strong>gewonnen: "Ich, das Wir, <strong>und</strong> Wir, das Ich ist" (Ph<br />
127). Und die Aneignung dieses Gewinns mündet ins "versöhnende<br />
Ja, worin beide Ich von ihrem entgegengesetzten<br />
Dasein ablassen" (Ph 442).<br />
Dies (worum es eigentlich schon in <strong>der</strong> Entgegensetzung des<br />
Kampfs ging) "ist das Dasein des <strong>zur</strong> Zweiheit ausgedehnten<br />
Ichs, das darin sich gleich bleibt, <strong>und</strong> in seiner vollkommnen<br />
Entäußerung <strong>und</strong> Gegenteile die Gewissheit seiner selbst hat; –<br />
es ist <strong>der</strong> erscheinende Gott mitten unter ihnen, die sich als das<br />
reine Wissen wissen" (ebd.).<br />
Wie indes steht es um Eigensein <strong>und</strong> Leben <strong>der</strong> Versöhnten?<br />
Aufbewahrt werden die Gestalten nach ihrem Zufälligkeits-Dasein<br />
in <strong>der</strong> Geschichte, wesentlich in <strong>der</strong> "Wissenschaft des<br />
erscheinenden Wissens". Und "beide zusammen, die begriffne Geschichte,<br />
bilden die Erinnerung <strong>und</strong> die Schädelstätte des<br />
_______________<br />
49 J. Schmidt: "Bei genauerer Betrachtung ist erkennbar, dass in dieser<br />
sich neu herausbildenden Ordnung die in jedem Selbstbewusstsein<br />
antreffbaren Momente <strong>der</strong> Freiheit <strong>und</strong> Abhängigkeit von <strong>der</strong> Faktizität<br />
– in gegensätzlicher Akzentuierung ihrer Synthese – sich an verschiedene<br />
Subjekte verteilen." "Geist", "Religion" <strong>und</strong> "absolutes Wissen". Ein<br />
Kommentar zu den drei gleichnamigen Kapiteln aus Hegels Phänomenologie<br />
des Geistes, Stuttgart 1997, 33.