Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
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Kapitel 2<br />
lichkeiten realisieren, son<strong>der</strong>n just diese Verwirklichung will sie<br />
sich schenken lassen.<br />
Am deutlichsten geschieht das zwischen Menschen, wo eine<br />
Frau von einem Mann ihr Mutterwerden <strong>und</strong> -sein, ein Mann<br />
von einer Frau sein Vaterwerden <strong>und</strong> -sein empfängt. (Zugleich<br />
wird klar, dass Empfangen mitnichten Passivität meint: Freiheit<br />
"lässt" sich beschenken. 126)<br />
* * *<br />
Nur angemerkt sei, dass dies auch ein neues Licht auf die Selbst-<br />
Verweigerung des Bösen würfe. – Aber nicht damit möchte ich<br />
schließen, son<strong>der</strong>n mit einem letzten Hinblick auf die Freiheit<br />
vor <strong>der</strong> An<strong>der</strong>sheit des An<strong>der</strong>en. – Der An<strong>der</strong>e erscheint, so hieß<br />
es, in <strong>der</strong> Tradition als An<strong>der</strong>er des Ich: als an<strong>der</strong>es Ich. Erst die<br />
Dialogiker stellen ihm das Du gegenüber. Und selbst dieses wird<br />
bei Buber noch vom Ich her gedacht (von den Gr<strong>und</strong>worten "Ich<br />
– es" <strong>und</strong> "Ich – Du" aus).<br />
Das Eingangskapitel dem gegenüber hat uns zu <strong>der</strong> Formel<br />
Du-ich-Du geführt. Noch entschiedener als Buber hat Levinas<br />
uns gezeigt, wie das Ich sich ganz <strong>und</strong> gar dem Anruf <strong>und</strong> Anspruch<br />
an es verdankt. 127 Bedenkenswert, dass <strong>der</strong> Antwortende<br />
("Hier bin ich") auf französisch sich in den Akkusativ stellt: "me<br />
voici – mich sieh hier!" 128<br />
Im <strong>und</strong> als Gespräch sind wir Antwort. Freiheit vollzieht sich<br />
im Antworten-Fächer von Selbstannahme, Rechenschaftsablage<br />
über Hilfeersuchen <strong>und</strong> Hilfsangebot bis hinauf zu selbstvergessenem<br />
Entzücken. Freiheit bestimmt sich selbst: zum Du ihres<br />
Du. 129<br />
_______________<br />
126 Oben, S. 34, war schon vom "Medium" die Rede. (Längst ehe die<br />
Müdigkeit es nicht mehr zulässt, recht zu reden, kann man nicht mehr<br />
wirklich hören). Siehe Gott-ergriffen (Anm. 93), Einführung; zuvor:<br />
Freiheitsgr<strong>und</strong> Transzendenz, in: ThPh 74 (1999) 545-556, bes. 553ff<br />
(Gehorsam).<br />
127 Eigentlich sind wir darauf schon oben gestoßen: in Kants "einerlei"<br />
von Freiheit <strong>und</strong> Getroffen-sein durch das Du-sollst des Sittengesetzes.<br />
128 Auch das hebräische ynin'hi (hinnéni) – Gen 22,1.11; Ex 3,4 – lässt<br />
sich so lesen, wörtlich: hinné "da, siehe da ["ecce"]!: ich o<strong>der</strong> mich" (das<br />
angehängte [n]i steht für alle vier Fälle [zuerst für den zweiten = mein]).<br />
129 Und dass dies auch für Gott gilt – nicht den des Aristoteles, <strong>der</strong>,<br />
ohne selbst zu lieben, ὡς ἐρώμενον (hōs erómenon – Met XII 1072b 2)<br />
die Welt als "unbewegter Beweger" bewegt (d.h. indem alles ihn als<br />
höchstes Gut liebt), son<strong>der</strong>n den lebendigen – , wissen die Christen, die<br />
ihn als dreieinig kennen dürfen.