Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
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Gottesbeweis aus Gotteserfahrung? 85<br />
diskutieren könnten o<strong>der</strong> ähnlich, son<strong>der</strong>n einfach hin: um ihrer<br />
selbst willen, "ob ihrer Herrlichkeit".<br />
a) Was besagt dies für die Freiheit? Zwar übergehen wir<br />
gleich ein Verständnis, das sie als Willkür auffasst <strong>und</strong> so bereits<br />
durch das Sollen negiert sieht. Vielmehr kann ein Anspruch<br />
allein an Freiheit ergehen, nur sie kann sollen. Klar sei darüber<br />
hinaus, dass nicht nur <strong>der</strong> Anspruch die Freiheit, son<strong>der</strong>n vor<br />
allem die Freiheit den Anspruch voraussetzt, jede Wortmeldung<br />
erklärt sich ja letztlich entwe<strong>der</strong> aus einem drang- o<strong>der</strong> zwanghaften<br />
Müssen o<strong>der</strong> aus Sollensgehorsam.<br />
Angerufensein heißt Sich-verantworten-Müssen. Damit wird<br />
verständlich, warum (Johann Gottlieb Fichte) "die meisten<br />
Menschen leichter dahin zu bringen sein [würden], sich für ein<br />
Stück Lava im Monde als für ein Ich zu halten". 200<br />
Vom Anruf aufgestört, entdeckt man sich beschämt als verspätet.<br />
Man hat es an Zuvor-kommenheit fehlen lassen. Wer soll,<br />
steht in Schuld (denn wäre alles <strong>und</strong> er selber gut, dann müsste<br />
er nicht sollen). Darum belastet Moral, auch wenn das (jenseits<br />
<strong>der</strong> Pubertät) nicht je<strong>der</strong> so ungeniert formuliert wie ein<br />
Nietzsche.<br />
Auf dem Je-schon <strong>der</strong> Verpflichtung besteht vor allem ja<br />
Levinas (siehe oben: Angesprochen [S. 35], 1. u. 2). Unbeschadet<br />
ihres Rigorismus201 ist seine Kernaussage wohl unbestreitbar,<br />
samt dem Schreck, den sie vermittelt, wie einem noch tieferen<br />
Glück.<br />
Was nämlich hier schöpferisch herrscht, ist das/<strong>der</strong> Gute.<br />
Dem aber ist das Subjekt nicht bloß faktisch "unterworfen"; es ist<br />
von ihm <strong>der</strong>art "ergriffen", dass es sich darin als erwählt erfährt<br />
<strong>und</strong> im Gehorsam als zugleich von sich <strong>und</strong> zu sich selbst befreit.<br />
– "Der Gehorchende findet [...] seine Integrität. Die unabwälzbare<br />
<strong>und</strong> dennoch nie in voller Freiheit angenommene<br />
Verantwortung – ist gut." 202<br />
Nie in voller Freiheit angenommen, weil Freiheit erst unter<br />
diesem An-spruch erwacht; gut, weil 1. nur <strong>und</strong> erst er die<br />
Freiheit erweckt <strong>und</strong> weil 2. er die Freiheit zum einleuchtend<br />
Guten erweckt, darum <strong>zur</strong> Bejahung des aufgetragenen Guten.<br />
Ein Nein bringt uns nicht bloß in Wi<strong>der</strong>spruch zum erwecken-<br />
_______________<br />
200 Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> gesamten Wissenschaftslehre: SW (Nachdruck),<br />
Berlin 1971, I, 175.<br />
201 Den Geboten voraus <strong>und</strong> zugr<strong>und</strong>e liegt die Befreiung aus dem<br />
Sklavenhaus.<br />
202 Humanismus des an<strong>der</strong>en Menschen (Anm: 63), 75.