Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
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Ich als Du 33<br />
Das heißt, unser Bedenken des Gewissens (als Gewissen) muss<br />
selber gewissenhaft (als gewissenhaft) sein.<br />
Hier ist also niemand "als Fachmann" angesprochen, nicht<br />
bloß nicht als (s. o.) Naturwissenschaftler, son<strong>der</strong>n ebenso wenig<br />
als Soziologe, Psychologe, Pädagoge, Philosoph o<strong>der</strong> Theologe,<br />
son<strong>der</strong>n als Mensch, <strong>Person</strong>, o<strong>der</strong> vielmehr: als er selbst. (Denn<br />
nur so hat er, auch in [Ausübung von] Beruf <strong>und</strong> Wissenschaft,<br />
ein Gewissen.) Klar sein dürfte damit, dass es nicht um ein Fühlen,<br />
Emotion geht (nach heute üblicher Aufteilung des Geistigen<br />
in Rationales <strong>und</strong> Emotionales). Dies gehört selbstverständlich<br />
<strong>zur</strong> Ganzheit des Menschen; aber es bildet nicht die Mitte des<br />
<strong>Person</strong>alen.<br />
Diese Mitte heißt in <strong>der</strong> Bibel – <strong>und</strong> so auch später, über<br />
Augustinus noch bis Blaise Pascal – das Herz, <strong>und</strong> ist ebenso<br />
wenig gefühlig zu nehmen. Es meint den Einzelnen inseits <strong>der</strong><br />
Rollen <strong>und</strong> Positionen, einen jeden als ihn selbst, als mich <strong>und</strong><br />
dich. – Im Aufruf zu – jenseits von Sein <strong>und</strong> Haben – gelebtem<br />
"Mit".<br />
2. Zunächst wäre nämlich zwischen Haben <strong>und</strong> Besitzen zu<br />
unterscheiden. Besitzen droht in <strong>der</strong> Tat sesshaft zu machen; 57<br />
etwas an<strong>der</strong>es ist es, eine Welt, ein Vaterland z. B., eine Aufgabe<br />
zu haben. So hatte Kain einen Bru<strong>der</strong> (was er nicht wahrhaben<br />
wollte – Gen 4,9). Und so haben Menschen eine/die Wahrheit:<br />
als <strong>der</strong>en Hüter. (Und wie, wenn hinter <strong>der</strong> Bestreitung dieser<br />
These eine ähnliche Unlust stünde wie beim Unwillen Kains?)<br />
Haben heißt tatsächlich, nicht rein autonom zu sein (geschweige<br />
denn autark), son<strong>der</strong>n auch dem Gesetz des Anvertrauten<br />
entsprechen zu sollen, ihm gegenüber Pflichten zu haben. So<br />
verstanden, sind Haben <strong>und</strong> Sein keine Alternativen, son<strong>der</strong>n<br />
gehören untrennbar zusammen.<br />
Gemeinsamkeit nämlich bedarf eines gemeinsamen (An-)<br />
Halts <strong>der</strong> Gemeinsamkeit. Mit-Sein heißt: gemeinsames Haben.<br />
Und das findet sich nicht schon dort, wo nur die Gemeinschaft<br />
als solche hat, doch nicht die Einzelnen. Dies wäre kein gemeinsames<br />
Haben – ebenso wenig, wie im Sein nur des Ganzen als<br />
solchen schon das Sein <strong>der</strong> Einzelnen gegeben wäre. Gemeinsam<br />
gehabt wird nur dort, wo nicht allein das Gehabte, son<strong>der</strong>n auch<br />
das Haben gemeinsam ist. Solches Mit-sein meint <strong>der</strong> klassische<br />
_______________<br />
57 A. de Saint-Exupéry: "Ich liebe nicht die Sesshaften des Herzens"<br />
(Citadelle VI [Pléiade 531, Ges. Schriften, München 1978, II 46]). – Und<br />
mehr als spielerisch ist auch die Folge-Frage, wieweit man dem, was<br />
man besitze, aufgesessen sei.