Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
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Kapitel 4<br />
von negativer Theologie überhaupt nicht die Rede ist"; braucht<br />
Gott in seinem Wort sich doch "nirgendwo selbst zu negieren<br />
[...], um sich besser, göttlicher zu bek<strong>und</strong>en." 222 Derlei kommt<br />
erst aus <strong>der</strong> Begegnung mit nicht-christlicher religiöser Philosophie:<br />
dem Neuplatonismus, in die Theologie.<br />
Göttliche Unerkennbarkeit?<br />
1. Nötig wurde die For<strong>der</strong>ung einer solchen Denk-Abstinenz,<br />
nachdem man Erkennen als Einverleiben verstand. Derart<br />
bedeutet Erkennen den Verlust des Gegenüber. Schreckt man<br />
davor <strong>zur</strong>ück, muss man sich dessen Erkennen verbieten – wenn<br />
es nicht selbst sich <strong>der</strong> Erkenntnis verweigert, durch seine<br />
Dunkelheit o<strong>der</strong> durch ein Unmaß an Licht.<br />
In diesem Sinn erklärt <strong>der</strong> Aquinate als äußerste Gotteserkenntnis<br />
die seiner Unerkennbarkeit. Das ist nicht im Sinn des<br />
heute verbreiteten Agnostizismus gemeint: als Axiom <strong>der</strong><br />
Schwäche unseres Erkenntnisvermögens o<strong>der</strong> als Resignation<br />
am Ende eines langen, doch vergeblichen Wissens-Bemühens<br />
(Thomas ist kein Dr. Faust). Es meint auch nicht, etwa auf den<br />
Kern von Individuum, <strong>Person</strong> <strong>und</strong> Gott bezogen, "eine letzte<br />
Unbegreiflichkeit, wie beispielsweise in <strong>der</strong> bekannten Interpretation<br />
Karl Rahners". 223 Thomas sagt nicht wenig über Gott –<br />
<strong>und</strong> hat es nicht wi<strong>der</strong>rufen. Aber er hebt "ausdrücklich hervor,<br />
dass es sich dabei um das handelt, was Gott nicht ist" (119).<br />
An<strong>der</strong>erseits ist es gerade eine Gotteserkenntnis, ihn als<br />
unerkennbar zu erkennen. "Es ist somit [120] eigentlich angemessener,<br />
von <strong>der</strong> 'göttlichen Unerkennbarkeit' zu sprechen<br />
als von <strong>der</strong> 'Unerkennbarkeit Gottes'." Sie wird darum auch<br />
durch die Offenbarung nicht überw<strong>und</strong>en, vielmehr geför<strong>der</strong>t. 224<br />
Im Licht <strong>der</strong> Sonne sehen wir alles – "allein die Sonne liegt<br />
_______________<br />
222 Bibel <strong>und</strong> negative Theologie, in: Sein <strong>und</strong> Nichts in <strong>der</strong> abendländischen<br />
Mystik (Hg. W. Strolz), Freiburg 1984, 13-31, 13; vgl. <strong>der</strong>s.,<br />
Theologik, Einsiedeln 1985-87 (= L), II 80-113.<br />
223 W. J. Hoye, Die Unerkennbarkeit Gottes als die letzte Erkenntnis<br />
nach Thomas von Aquin, in: Thomas von Aquin (Hg. A. Zimmermann),<br />
Berlin 1988, 117-139, 118.<br />
224 Man könnte nach S. Weil sagen, durch die Beseitigung von<br />
Unbegriffenem trete hierbei die Unbegreiflichkeit als solche deutlicher<br />
hervor. Cahiers (Nouv. Éd.) III, Paris 1975, 264: "Le non compris cache<br />
l'incompréhensible et par ce motif doit être éliminé."