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Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre

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Freiheit <strong>und</strong> das Böse 47<br />

Diese Erfahrung ist einer externen Begründung, Bekräftigung<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong>gleichen we<strong>der</strong> fähig noch bedürftig. Auf die Frage<br />

"Why to be moral?" gibt es keine direkte Antwort, weil sie –<br />

konkret ernst gestellt – verrät, dass <strong>der</strong> Frager die Antwort gar<br />

nicht verstünde. 90<br />

3. Zugleich schenkt erst diese Erfahrung uns die Gewissheit <strong>der</strong><br />

Freiheit. Beweisen (im üblichen Wortsinn 91) kann man Freiheit ja<br />

nicht, weil sie sich allein in materiellen Konfigurationen zeigen<br />

kann (wie jetzt in <strong>der</strong> Zeichenfolge dieser Buchseiten). Jedes<br />

(statische o<strong>der</strong> dynamische) Materie-Muster aber lässt sich<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich nachbilden ("simulieren"), so dass es kein rein<br />

"objektives" Kriterium für die Unterscheidung von Freiheit <strong>und</strong><br />

Unfreiheit, Mensch <strong>und</strong> Tier, Mensch <strong>und</strong> Maschine gibt. –<br />

Erfahrbar ist Freiheit ebenso wenig; erfahren wird Spontaneität,<br />

die aber jedem Dackel eignet. Doch gilt hier Kants Merksatz: "ein<br />

freier Wille <strong>und</strong> ein Wille unter sittlichen Gesetzen ist einerlei". 92<br />

Das ist dem zeitgenössischen Bewusstsein fremd. Wäre <strong>der</strong><br />

Kern <strong>der</strong> Freiheit nicht ein "Ich will"? – Warum indes will jemand,<br />

was er will? Die Kette o<strong>der</strong> Stufung <strong>der</strong> Fragen, die damit<br />

beginnt, gerät schließlich vor folgende Alternative: Entwe<strong>der</strong><br />

will jemand, was er will, zuletzt, weil er nicht an<strong>der</strong>s kann (weil<br />

er so ist, wie er ist) – o<strong>der</strong> er will, was er will, weil er glaubt,<br />

_______________<br />

90 Bereits Aristoteles hat bemerkt, es sei ein Mangel an philosophischer<br />

Bildung, wenn man nicht wisse, wofür man einen Beweis zu<br />

for<strong>der</strong>n hat <strong>und</strong> wofür nicht (Met IV 4 [1006 a 6f]). Entsprechend heißt es<br />

in <strong>der</strong> Topik (I 11), man solle nur Probleme untersuchen. wo es <strong>zur</strong><br />

Lösung obwalten<strong>der</strong> Zweifel <strong>der</strong> Vernunft bedürfe. "Die etwa zweifeln,<br />

ob man die Götter ehren <strong>und</strong> die Eltern lieben soll o<strong>der</strong> nicht, bedürfen<br />

<strong>der</strong> Züchtigung; <strong>und</strong> die zweifeln, ob <strong>der</strong> Schnee weiß ist o<strong>der</strong> nicht,<br />

bedürfen <strong>der</strong> ges<strong>und</strong>en Sinne." (105 a 27). Mitunter mag schon genügen,<br />

älter zu werden (Eud. Eth. I 3 [1214 b 31 – 1215 a 2]).<br />

Das klingt für heutige Ohren recht grob. Aber gäbe es hier nicht<br />

tatsächlich nur eine "legale" Auskunft statt einer moralischen, also einzig<br />

den Hinweis auf zu vermeidende Nachteile o<strong>der</strong> wünschenswerte<br />

Folgen – <strong>und</strong> zwar für mich (bzw., soweit ich mich damit identifizierte,<br />

uns)? Statt "<strong>der</strong> Wahrheit die Ehre zu geben", ginge es darum, klug o<strong>der</strong><br />

klüglich zu handeln, blind für den Aufglanz sittlichen Gutseins als<br />

solchen. – Doch sei für weitere Diskussionen verwiesen auf: Warum<br />

moralisch sein? (Hg. K. Bayertz), Pa<strong>der</strong>born u. a. 22006.<br />

91 Gleichwohl spricht man nach wie vor auch von Fre<strong>und</strong>schafts-,<br />

Liebes- <strong>und</strong> Treuebeweisen.<br />

92 Gr<strong>und</strong>legung <strong>zur</strong> Metaphysik <strong>der</strong> Sitten 98: Werke (Anm. 19) IV<br />

82.

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