Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
58<br />
Kapitel 2<br />
muss" (374), sodann, dass <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong> das eigentlich Starke,<br />
Wirkende sei: "Dasselbe, was durch den Willen <strong>der</strong> Kreatur böse<br />
wird (wenn es sich ganz losreißt, um für sich zu sein), ist an sich<br />
selbst das Gute, solang es nämlich im Guten verschlungen <strong>und</strong><br />
im Gr<strong>und</strong>e bleibt" (400). Das Zueinan<strong>der</strong> von Gut <strong>und</strong> Böse wie<br />
auch von Freiheit <strong>und</strong> Bösem wird also in gnostischer Tradition<br />
als Gegensatz-Einheit gesehen: "Eine attrahierende [anziehende]<br />
<strong>und</strong> eine repellierende [abstoßende] Kraft für sich zu denken, ist<br />
unmöglich" (ebd.).<br />
Ähnliches begegnet immer zum "bösen Trieb" bei den Rabbinen,<br />
weil er mit <strong>der</strong> naturhaften Aggressivität (als Arbeits-<br />
<strong>und</strong> Kampfkraft) des Lebendigen identifiziert wird. – We<strong>der</strong><br />
darauf noch auf Schellings Theosophie können wir uns hier<br />
genauer einlassen, müssen es aber auch nicht, weil es statt um<br />
Denkgeschichte um die Sache zu tun ist.<br />
Danach kann das Und we<strong>der</strong> bedeuten, Freiheit (in ihrer<br />
Macht) sei das Böse, noch: sie habe es – zumindest auch – zu realisieren.<br />
Führt letztere These sich nicht schon selbst ad absurdum?<br />
Denn bestimmt man das Böse als das, was keinesfalls<br />
sein darf (unbedingt nicht-sein soll – <strong>und</strong> wie sollte man es<br />
ernsthaft an<strong>der</strong>s bestimmen?), um dann zu erklären, sein Dasein<br />
sei nötig, 115 dann wi<strong>der</strong>spricht man sich selbst – ohne dass ich<br />
hier einen Ausweg in subtile "Dialektik" sähe.<br />
Wie sollte das Böse "aufgehoben" werden? – Leid <strong>und</strong><br />
Schmerz sind aufhebbar; <strong>der</strong> biblische Ausdruck dafür heißt<br />
"Verklärung". Das Böse verklären hieße, es potenzieren. Und lei<strong>der</strong><br />
bewegen wir uns damit nicht etwa bloß in akademischen<br />
Gedankenspielen. Es geht vielmehr um ein gängiges Missverständnis<br />
<strong>der</strong> gefährlichen Osternacht-Formel "felix culpa".<br />
Das Böse soll keineswegs bloß "nicht bleiben". Auch, wenn<br />
geschehen, hätte es doch nie geschehen dürfen. Und dies gerade<br />
nochmals dann, wenn es vergeben wurde. Denn zu was macht<br />
ein Schuldiger die Vergebung, wenn er dem, <strong>der</strong> sie ihm zuspricht,<br />
erklärt, eigentlich habe er ihm für die Ermöglichung<br />
solchen Selbstüberstiegs noch dankbar zu sein?<br />
_______________<br />
115 Für Hegel ist es die "Existenz des Wi<strong>der</strong>spruchs", "ein Zustand,<br />
<strong>der</strong> nicht sein soll, d.i. <strong>der</strong> aufgehoben werden soll, aber nicht ein solcher,<br />
<strong>der</strong> nicht eintreten soll; er ist eingetreten, indem Bewusstsein <strong>der</strong> Mensch<br />
ist." Werke (Anm. 52) 11, 373 (zu Göschels Aphorismen) <strong>und</strong> Vorlesungen<br />
5 (W. Jaeschke), Hamburg 1984, 42 (vgl. Werke 17, 250-261).