Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
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Ich als Du 27<br />
Und doch nicht. Eben dies Nicht-bloß-Natur-Sein nämlich<br />
sieht an mir <strong>der</strong> An<strong>der</strong>e: er sieht mich in meiner Welt. Und<br />
indem, wie bedacht, sich sein Blick mir entzieht, entzieht sich<br />
mir also mein Ich innerhalb seiner Welt mitsamt dieser. Meine<br />
Möglichkeiten werden zu seinen (insofern er sie beurteilt <strong>und</strong><br />
mein Verhalten erwi<strong>der</strong>t).<br />
Das heißt einmal: meine Möglichkeit wird für den An<strong>der</strong>n<br />
<strong>zur</strong> Wahrscheinlichkeit, <strong>und</strong> es ist "dieser skizzenhafte Schemen<br />
meines Seins", den ich voller "Scham, Wut <strong>und</strong> Furcht" immer<br />
neu auf mich nehme: blindlings; denn "ich bin es einfach" (353).<br />
An<strong>der</strong>erseits bin ich "nicht Herr <strong>der</strong> Situation. O<strong>der</strong> genauer,<br />
ich bleibe zwar ihr Herr"; doch eben dies bin <strong>und</strong> bleibe ich "für<br />
den An<strong>der</strong>en" (ebd.). Er erblickt meinen Blick <strong>und</strong> objektiviert so<br />
dessen Objektivieren. Als "erblickter Blick" ist er "seiner Transzendenz<br />
entkleidet" (354).<br />
So ist <strong>der</strong> An<strong>der</strong>e in keiner Weise Gegenstand <strong>der</strong> Ich-Welt,<br />
son<strong>der</strong>n "reines Subjekt" (359): Freiheit, vom Ich durch die<br />
"eigene Knechtschaft" erfahren (360). Und eben <strong>der</strong>art erfährt<br />
das Ich die Grenze seiner wie seiner Welt. Es erfährt vor allem<br />
seine innere Begrenztheit, indem es den Selbstwi<strong>der</strong>spruch<br />
entdeckt, als <strong>der</strong> es existiert: sich entzogene Freiheit o<strong>der</strong>, dem<br />
Buchtitel nach, nichtiges Sein <strong>und</strong> seiendes Nichts.<br />
2. Sartre beansprucht damit, die Geist-Anthropologie Georg<br />
Wilhelm Friedrich Hegels auf ihre konkrete <strong>und</strong> heillose Wahrheit<br />
hin erschlossen zu haben. Für sie ist <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> Anerkennung<br />
zentral, 47 die ihrerseits entscheidend durch Gegenseitigkeit<br />
bestimmt ist. Voll erreicht wird diese freilich erst in<br />
einem längeren Prozess. Dessen Beginn stellt <strong>der</strong> Kampf dar;<br />
denn um über das Bewusstsein bloßer Lebendigkeit hinauszukommen,<br />
muss das Selbst sich dem An<strong>der</strong>en als einem Selbst<br />
aussetzen. Dies bedeutet, einan<strong>der</strong> die Distanzierung zum<br />
eigenen Leben (also den Verzicht auf die Welt!) zuzumuten. Als<br />
Geist- <strong>und</strong> Freiheitswesen existieren heißt, nicht im Leben "<strong>der</strong><br />
Güter höchstes" 48 zu sehen, wie in <strong>der</strong> animalischen Sphäre (ob<br />
das eigene, das <strong>der</strong> Art o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gene), son<strong>der</strong>n dessen "Wozu",<br />
seinen "Sinn" (aus dem nur leben kann, wer für ihn lebt – <strong>und</strong> so<br />
dafür, wenn geboten, auch zu sterben bereit ist).<br />
_______________<br />
47 Phänomenologie des Geistes (H.-F. Wessels / H. Clairmont),<br />
Hamburg 1988 ( = Ph), 128.<br />
48 Die Braut von Messina, Schluss: SW (Fricke/Göpfert), München<br />
51976, II 912.