Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Freiheit <strong>und</strong> das Böse 61<br />
Im Einstiegskapitel haben wir den Aufstieg von <strong>der</strong> Substanz<br />
zum Subjekt nachvollzogen – im Gegenüber zu <strong>der</strong> schwachen<br />
Seinsweise Bezug. An<strong>der</strong>erseits ist <strong>der</strong> Mensch tatsächlich nicht<br />
autark, noch nicht einmal <strong>der</strong> Oikos, das Haus, son<strong>der</strong>n erst die<br />
Polis. Darum schätzen die Griechen Fre<strong>und</strong>schaft so hoch.<br />
In <strong>der</strong> theoretischen Philosophie aber bleibt es Jahrh<strong>und</strong>erte<br />
lang beim Subjekt-Objekt-Denken, bis zum späten Fichte, Feuerbach<br />
<strong>und</strong> dann den Dialogikern. Das An<strong>der</strong>e ist das Nicht-Ich<br />
(<strong>der</strong> Fre<strong>und</strong> immerhin ein "zweites Ich"). Und wenn Hegel das<br />
Böse realisiert sehen wollte, hing auch dies hiermit zusammen:<br />
Die Souveränität des Ich hat sich im Einbezug des An<strong>der</strong>n seiner<br />
zu bewähren, so <strong>der</strong> Materie in seiner Leiblichkeit <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
radikalsten An<strong>der</strong>sheit: des Bösen.<br />
Tatsächlich ist <strong>der</strong>/das An<strong>der</strong>e dem Ich fremd. Das Gastrecht<br />
wäre nicht <strong>der</strong>art kulturweit in Geltung, wenn <strong>der</strong> Fremde<br />
nicht erstlich als Feind erschiene. 120 Indem <strong>der</strong> Einzelne sich als<br />
Atom versteht, sieht er sein Wohl zumeist im Gegensatz zu dem<br />
<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en; jedenfalls erhält es einen "defensiven Charakter". Er<br />
glaubt sein Wohl verteidigen zu müssen. Zwar kann er gänzlich<br />
ohne an<strong>der</strong>e nicht leben, Gemeinsamkeit mit an<strong>der</strong>en zeigt sich<br />
darum als unvermeidlich; doch es erscheint nicht als innere<br />
Qualität <strong>der</strong> <strong>Person</strong>. Nur eins unter vielen zu sein stellt eine<br />
Last, das Dasein <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en eine Belästigung dar; Sein <strong>und</strong><br />
Leben an<strong>der</strong>er <strong>und</strong> die Gemeinschaft als solche besagen Schranken.<br />
Im frühen Hauptwerk Karol Wojtyłas <strong>Person</strong> <strong>und</strong> Tat heißt es<br />
hierzu: "Die 'an<strong>der</strong>en' sind für das Individuum nur die Quellen<br />
von Beschränkungen, ja sogar <strong>der</strong> Pol vielfacher Wi<strong>der</strong>stände.<br />
Wenn eine Gemeinschaft entsteht, dann nur zu dem Zweck, um<br />
das Gut des Individuums inmitten dieser 'an<strong>der</strong>en' zu sichern.<br />
Das ist in lapidarer Kürze <strong>der</strong> Abriss des individualistischen<br />
Standpunkts, dessen einzelne Variationen <strong>und</strong> Schattierungen<br />
wir hier nicht weiter entwickeln wollen." 121<br />
_______________<br />
auch als Nominativ (statt "seinetwegen": "Ursache seiner"). Nicht im<br />
strikten Sinn, weil niemand sich selbst verursachen kann, doch im Blick<br />
auf unser "Großeltern-Enkel"-Sein, von dem die Rede war. – Kant:<br />
Gr<strong>und</strong>legung... (Anm. 92), 66f (WW IV, 60f.).<br />
120 Statt gleich von Fremdenhass zu reden, sollten wir zunächst das<br />
Recht von Fremdenfurcht einräumen; weiß man doch in <strong>der</strong> Tat nicht,<br />
wie sie unser Verhalten auffassen <strong>und</strong> worauf wir uns bei ihnen<br />
einzustellen haben.<br />
121 <strong>Person</strong> <strong>und</strong> Tat, Freiburg 1981, 317.