Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
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Kapitel 3<br />
Aber wenn dies, statt bescheiden, schlicht <strong>und</strong>ankbar wäre?<br />
Weil die Stillung nämlich nicht – wie Salzwasser – den Durst<br />
verschärfte, son<strong>der</strong>n ein Versprechen enthielte, dessen Einlösung<br />
zu erwarten nur hieße, ihm zu trauen. So dass Hoffnung<br />
nichts an<strong>der</strong>es bedeuten würde als die Zukunftsgestalt von<br />
Dank? "Das Gute ist an<strong>der</strong>es als Retten <strong>und</strong> Gerettet-werden"<br />
(Anm. 105). Es ist gut. Darum zeigt nicht die Not seine Wahrheit<br />
(so wenig wie Durst die "Wahrheit im Wein"), son<strong>der</strong>n das<br />
Glück. Tatsächlich ist vollkommenes Glück "in keiner Erfahrung<br />
gegeben" (Paul Ricœur); es "wird nur in einem Richtungsbewusstsein<br />
angezeigt [...] Die Ereignisse, die von <strong>der</strong> Glückseligkeit<br />
sprechen, sind solche, die Hin<strong>der</strong>nisse wegräumen, eine<br />
weite Daseinslandschaft auftun; das Übermaß an Sinn, das Zuviel,<br />
das Unermessliche, das ist das Zeichen, dass wir hingelenkt<br />
sind <strong>zur</strong> Glückseligkeit." 198<br />
So kann Clive Staples Lewis uns vorhalten, dass wir halbherzig<br />
seien <strong>und</strong> uns viel zu schnell zufrieden geben. "Vollkommene<br />
Demut braucht keine Bescheidenheit." 199<br />
Damit aber kommt es <strong>zur</strong> Richtungsumkehr. Es ist gar nicht<br />
um unseren Ausgriff <strong>und</strong> unser Sehnen zu tun, son<strong>der</strong>n um Antwort.<br />
Tiefer als um das Unendliche geht es um Unbedingtheit.<br />
3. Wer mir jetzt "glaubt wi<strong>der</strong>sprechen zu müssen", <strong>der</strong> muss<br />
dies – korrekt gesprochen – nicht, son<strong>der</strong>n soll es, glaubt es zu<br />
sollen; denn er könnte an<strong>der</strong>s (sonst wäre er gar kein Teilnehmer<br />
am Disput), er glaubt, es nicht zu dürfen. Denn wir haben "<strong>der</strong><br />
Wahrheit die Ehre zu geben". (Was nicht <strong>der</strong> Eigenschaft von<br />
Sätzen gilt.)<br />
Hier geht es um die Erfahrung eines "Du-sollst" ohne Wenn<br />
<strong>und</strong> Um-zu. Wahrheit, das Gute sollen sein <strong>und</strong> anerkannt sein,<br />
nicht weil sie nützen, weil wir sonst nicht miteinan<strong>der</strong> leben,<br />
_______________<br />
P; – Nietzsche: Zarathustras Vorrede 3 (KSA 4, 15).<br />
198 P. Ricœur, Die Fehlbarkeit des Menschen, Freiburg/München<br />
1971, 96. – Darum möchte ich auch die Religion nicht vordringlich vom<br />
Mangel <strong>und</strong> Bedürfnis aus bestimmen (vom "besoin"), son<strong>der</strong>n von <strong>der</strong><br />
Suche nach einer Adresse <strong>der</strong> Dankbarkeit her. Gesucht wird auch hier,<br />
doch im "désir", in einer Offenheit, die das Gegenteil eines "malum<br />
metaphysicum" ist – so sehr ihre Nicht-Erfüllung dann als Mangel<br />
erfahren würde. (So ist Sehen-können kein Mangel, obwohl wir Augen<br />
nicht als Selbstzweck haben, son<strong>der</strong>n "für die Astronomie", den Blick auf<br />
die Sterne [Platon, Der Staat. VII 530 d 6].]<br />
199 C. S. Lewis, Das Gewicht <strong>der</strong> Herrlichkeit, in: <strong>der</strong>s., Streng<br />
dämokratisch <strong>zur</strong> Hölle, Basel 1982, 93-108, 93f. u. 102.