Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
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Freiheit <strong>und</strong> das Böse 53<br />
3. Das Böse gehört nicht <strong>zur</strong> Fülle <strong>der</strong> Welt. Langher versucht<br />
man, mit Schmerz <strong>und</strong> Schuld dadurch <strong>zur</strong>echtzukommen, dass<br />
man behauptet, wir hätten sie nötig, um das Gute zu erkennen.<br />
Träfe das zu, wären das Unerwünschteste Reform <strong>und</strong> Heilung.<br />
Zwar verlangt Erkenntnis nach Differenzen, <strong>und</strong> das Leben ist<br />
durch Gegensätzlichkeiten charakterisiert; 101 aber Übel <strong>und</strong><br />
Böses gehören nicht zu diesen Lebens-Gegensätzen, son<strong>der</strong>n<br />
stehen im Wi<strong>der</strong>spruch <strong>zur</strong> lebendigen Gegensatz-Einheit. Musik<br />
bedarf <strong>der</strong> Stille, um vernommen zu werden, aber doch nicht<br />
vorangegangenen Lärms – <strong>der</strong> vielmehr betäubt. 102<br />
Gut <strong>und</strong> Böse, Heil <strong>und</strong> Unheil sind nicht gleichen Ranges.<br />
Nur im Licht des Guten wird das Unheil als solches erfahrbar.<br />
Sonst nähme man es rein als Faktum. 103 Heil <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit,<br />
Menschlichkeit <strong>und</strong> Liebe aber tun aus sich selbst wohl: "Wie<br />
das Licht sich selbst <strong>und</strong> die Finsternis offenbart, so ist die<br />
Wahrheit Maß ihrer selbst <strong>und</strong> des Falschen." 104<br />
Das Falsche indes hilft nicht bloß nicht <strong>zur</strong> Erkenntnis <strong>der</strong><br />
Wahrheit, darüber hinaus trübt <strong>der</strong> Mangel den Blick auf das<br />
Gute: indem er es nur noch als Abhelf des Mangels wahrnehmen<br />
lässt – "als Retten <strong>und</strong> Gerettetwerden". 105 Das Gute aber ist<br />
ungleich mehr als nur "das Böse, was man lässt," 106 wie Ges<strong>und</strong>heit<br />
mehr als das Fehlen von Krankheit <strong>und</strong> Friede mehr als das<br />
Schweigen <strong>der</strong> Waffen.<br />
Eine <strong>der</strong>art verbreitete Fehlsicht indes kann nicht <strong>zur</strong> Gänze<br />
falsch sein. Ganz <strong>und</strong> gar könnte überhaupt nichts unrichtig<br />
bzw. böse sein ("omne malum in bono", hieß das in <strong>der</strong> Tradition);<br />
denn bei totalem "Mangel" stünde man vor nichts. Das<br />
_______________<br />
101 R. Guardini, Der Gegensatz. Versuche zu einer Philosophie des<br />
Lebendig-Konkreten, Mainz 1925 (u. ö.).<br />
102 Darum <strong>der</strong> Ausbruch Screwtapes: "Musik <strong>und</strong> Stille – wie hasse<br />
ich beides!" (C. S. Lewis, Dienstanweisung für einen Unterteufel, 22.<br />
Brief). Vgl. J. Pieper, Werke in acht Bd.n (u. zwei Erg.bd.n [B. Wald]),<br />
Hamburg 1995 ff., 8/2, 508 über Musik <strong>und</strong> Stille – <strong>und</strong> den "Höllenlärm".<br />
103 Man müsse anerkennen, "dass es [...] keinen totalen Nihilismus<br />
geben kann. Sobald man behauptet, alles sei ohne Sinn, sagt man schon<br />
etwas aus, das einen Sinn hat." A. Camus, Literarische Essays, Hamburg<br />
o. J., 177f (Heimkehr nach Tipasa).<br />
104 B. Spinoza, Ethik II, Scholium zum 43. Satz.<br />
105 Platon: "etwas an<strong>der</strong>es" sei das "Edle <strong>und</strong> Gute" (γενναῖον,<br />
ἀγαϑόν) "als Retten <strong>und</strong> Gerettet-werden" (Gorg 512 d).<br />
106 Fazit von W. Buschs frommer Helene.