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Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre

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36<br />

Kapitel 1<br />

sigkeit, das Elend <strong>und</strong> Ausgeliefertsein des An<strong>der</strong>en als auch,<br />

dass es an ihm nichts zu sehen, anzuschauen gibt. Das Antlitz<br />

for<strong>der</strong>t Antwort. Und zwar dringend. Ich habe mich nicht erst<br />

auf etwas einzulassen, son<strong>der</strong>n bin schon vereinnahmt. Ich bin<br />

nicht mehr frei – <strong>und</strong> war ich es je?<br />

In diesem Sinn wird das Gute nicht erst gewählt, "es hat sich<br />

vielmehr des Subjekts bemächtigt". 64 Man ist <strong>zur</strong> "Übernahme<br />

<strong>der</strong> Verantwortung" verpflichtet. Es gibt keine Flucht <strong>und</strong> Ausflucht<br />

davor, die nicht "Fahnenflucht" (74) wäre. Derart ist das<br />

Ich Leibbürge, Geisel (72), ja (statt zu besitzen) geradezu besessen<br />

(79). 65<br />

2. Man kann die Schärfe dieser "Passivität, die passiver ist als<br />

alle Rezeptivität", d. h. Empfänglich- <strong>und</strong> Empfindsamkeit, 66<br />

nicht scharf <strong>und</strong> ernst genug nehmen. Doch wäre damit allein<br />

die Begegnungserfahrung nicht richtig beschrieben. Ist doch<br />

eben diese Passivität <strong>und</strong> "Besessenheit" eine solche von Freiheit<br />

(<strong>und</strong> so übrigens auch völlig geistesklar – darum ziehe ich vor,<br />

sie "medial" zu nennen). Wenn wir nein sagen wollen, bringt uns<br />

das nicht bloß in Wi<strong>der</strong>spruch zum erweckenden Anspruch,<br />

son<strong>der</strong>n zugleich stets auch in Wi<strong>der</strong>spruch zu uns selbst (zu<br />

unserem "besseren Ich"), zu unserem je schon gesprochenen Ja.<br />

Der Anspruch weckt mich zu meinem unersetzlichen Da-sein<br />

als (nicht [ein] Ich, son<strong>der</strong>n) ich. Ich bin ge- <strong>und</strong> erwählt: "bei<br />

meinem Namen gerufen" – nicht als hätte ich den schon vorher<br />

gehabt, um bei ihm gerufen werden zu können. Vorher gab es<br />

ihn so wenig wie mich. Darum kann hier "vielleicht", notiert <strong>der</strong><br />

Philosoph, "von <strong>der</strong> creatio ex nihilo gesprochen werden". 67<br />

Damit verwandelt <strong>der</strong> Schrecken des Anspruchs sich ins<br />

Glück des Angerufen- <strong>und</strong> Angeblicktseins. Was nämlich wäre<br />

_______________<br />

64 Humanismus, 75. – Wörtlich bedeutet 'Subjekt’: unterworfen.<br />

65 Und das Böse ist die Bestreitung dieser ursprünglichen Voreingenommenheit,<br />

<strong>der</strong> unvordenklichen Bindung <strong>der</strong> Freiheit; Freiheitsbehauptung<br />

"dessen, <strong>der</strong> nicht <strong>der</strong> Hüter seines Bru<strong>der</strong>s" sein will (80),<br />

genauer: nicht wahrhaben will, dass er es immer schon ist.<br />

66 Jenseits des Seins o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s als Sein geschieht, Freiburg-<br />

München 1992, 116.<br />

67 Humanismus (Anm. 63), 78f. – R. Lauth zitiert von Fichte, <strong>der</strong> sonst<br />

so entschieden gegen Schöpfung anschreibt, aus <strong>der</strong> Wissenschaftslehre<br />

von 1802: "die moralische Freiheit. Erschaffung, die sich eben als absolute<br />

Erschaffung aus Nichts unmittelbar erfasst" (Transzendentale Entwicklungslinien<br />

von Descartes bis zu Marx <strong>und</strong> Dostojewski, Hamburg 1989,<br />

389).

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