Person und Glaube - Institut zur Förderung der Glaubenslehre
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Kapitel 5<br />
In biblischer Sicht aber ist nicht <strong>der</strong> Tod das Schlimmste, <strong>und</strong><br />
schon gar nicht die wesentliche (sozusagen "räumlich"-qualitative)<br />
Endlichkeit des Geschöpfes (sie gehört ja nach seinem<br />
ursprünglichen Gewolltsein zu ihm <strong>und</strong> prägt das Geistgeschöpf<br />
auch in <strong>der</strong> Seligkeit). Der Tod kommt vielmehr als "<strong>der</strong> Sünde<br />
Sold" (Röm 6,23) in die Welt; er folgt aus "<strong>der</strong> Übel größtem":<br />
freier Schuld. 294 Schuld aber lässt sich nicht durch Weitung des<br />
Bewusstseins, Bildungsfortschritt o<strong>der</strong> ähnlich "evolutiv" -<br />
überwinden, son<strong>der</strong>n einzig durch Vergebung tilgen.<br />
Vergebung wird unter Menschen gewährt, <strong>und</strong> vielleicht ist<br />
sie das Größte, das wir vermögen ("amtlich" bleibt sie darum<br />
dem König <strong>und</strong> Kaiser bzw. dem Präsidenten vorbehalten).<br />
Doch wie weit – eben darum – sind wir zu ihr tatsächlich<br />
imstande? In welchem Maß etwa kann <strong>der</strong> Vergebende vergessen?<br />
Inwieweit darf er es überhaupt? Und was, wenn das Opfer<br />
<strong>der</strong> Untat tot ist? – Doch vor solchen Fragen gr<strong>und</strong>sätzlich: Vergebung<br />
im Vollsinn sagt Neuschöpfung, Erweckung von Totem<br />
zum Leben. Die Schrift (Röm 4) übertreibt hier mitnichten; ihre<br />
Rede entspricht durchaus <strong>der</strong> Tiefe <strong>der</strong> Reue, die nach Max<br />
Schelers, an Schopenhauer anknüpfen<strong>der</strong>, Phänomenologie von<br />
dem Schreck: "Was habe ich getan?" fortgeht zu <strong>der</strong> Frage: "Was<br />
bin ich für ein Mensch", "o<strong>der</strong> sogar 'was muss ich doch für ein<br />
Mensch sein, dass ich solches tun konnte'." 295<br />
Gehören schon Schöpfung <strong>und</strong> <strong>Person</strong> untrennbar zusammen,<br />
so dass man <strong>Person</strong> im Vollsinn nicht ohne einen personalen<br />
Gott denken kann, dann gilt das erst recht vom Neuwerden<br />
von <strong>Person</strong> (Mk 2,7): "Wer kann Sünden vergeben als<br />
Gott allein?" 296<br />
Erlösung von Gott her aber bedeutet, dass sich dem Menschen<br />
die neue Zukunft eines Lebens in Würde erschließt: Sein<br />
_______________<br />
294 "Das Leben ist <strong>der</strong> Güter höchstes nicht; – <strong>der</strong> Übel größtes aber ist<br />
die Schuld" (SchlussWort in F. v. Schillers Drama Die Braut von Messina). –<br />
Demgegenüber(wie vielen – auch Christen – aus <strong>der</strong> Seele gesprochen?)<br />
Heinrich Heine: "Das Leben ist <strong>der</strong> Güter höchstes, <strong>und</strong> das schlimmste<br />
Übel ist <strong>der</strong> Tod". Ideen. Das Buch Le Grand, Kap. III (Sämtl. Schriften<br />
[K. Briegleb], München 1968ff, II 253). – Wäre inzwischen auch das<br />
überholt <strong>und</strong> "Leben" durch "Ges<strong>und</strong>heit" zu ersetzen?<br />
295 Reue <strong>und</strong> Wie<strong>der</strong>geburt, in: Vom Ewigen im Menschen (WW 5),<br />
Bern 41954, 27-59, 40.<br />
296 Dem Menschen für sich <strong>und</strong> von ihm selbst her steht als äußerste<br />
Möglichkeit die tragische Lösung offen. Darin verzichtet <strong>der</strong> Schuldige<br />
frei auf sein Leben, um wenigstens durch den Tod (zwar nicht seine<br />
Würde, denn die ist unverlierbar, doch) seine Ehre wie<strong>der</strong>zufinden.