Arbeiten und Lernen - ABWF
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Eckart Severing<br />
Selbstorganisiertes <strong>Lernen</strong> <strong>und</strong><br />
institutionalisierte Weiterbildung<br />
Es ist keineswegs neu oder unbekannt, dass berufliches Wissen weitgehend<br />
außerhalb der Berufsausbildung oder der Lehrgänge der beruflichen Weiterbildung<br />
erworben wird. Empirische Untersuchungen bei Facharbeitern ebenso<br />
wie bei Führungskräften haben regelmäßig gezeigt, dass berufliches<br />
Wissen nach den ersten Berufsjahren überwiegend als Erfahrungswissen<br />
angeeignet wird, <strong>und</strong> dass die Wege des Wissenserwerbs sich nicht auf die<br />
pädagogisch arrangierte “Vermittlung” beschränken - im Gegenteil: Das<br />
teilweise bewusst geplante, teilweise intuitive <strong>Lernen</strong> im Arbeitsprozess <strong>und</strong><br />
im sozialen Kontext ist das wesentliche Instrument der beruflichen Qualifizierung.<br />
Wenn heute von vielen Seiten eine “neue Lernkultur” postuliert<br />
wird, darf das daher nicht so verstanden werden, als würde eine neue <strong>und</strong> besonders<br />
listige Methode des Lehrens <strong>und</strong> <strong>Lernen</strong>s in die Welt gebracht, die<br />
das vorhandene reichhaltige berufspädagogische Methodenarsenal um eine<br />
weitere Variante bereichern würde.<br />
Wenn wir <strong>Lernen</strong> am Arbeitsplatz, <strong>Lernen</strong> mit multimedialen Netzen, <strong>Lernen</strong><br />
in fachlichen Communities, <strong>Lernen</strong> im sozialen Umfeld etc. mit dem Begriff<br />
einer neuen Lernkultur zusammenfassen, dann machen wir auf den selbstorganisierten<br />
Charakter dieses <strong>Lernen</strong>s aufmerksam <strong>und</strong> stellen es in Gegensatz<br />
zu einer fremdgesteuerten Weiterbildungskultur, die curricular fixiertes<br />
Wissen in Lehrgängen ihren “Teilnehmern” vermittelt, welche sich dadurch<br />
definieren, dass ihnen noch fehlt, was der Dozent weiß. Der Geschwindigkeit<br />
des Wandels der Qualifikationsanforderungen, der Komplexität beruflichen<br />
Wissens, der Unmittelbarkeit des Anwendungsbezugs des <strong>Lernen</strong>s kann<br />
durch eine an schulischen Vorbildern ausgerichtete Weiterbildung schon<br />
lange nicht mehr Rechnung getragen werden. Wenn berufliches Wissen<br />
trotzdem kontinuierlich generiert wird, dann vollzieht sich dies offenbar auf<br />
Wegen weitgehend außerhalb der institutionalisierten Weiterbildung. In anderen<br />
Worten: “Neue Lernkultur” bezeichnet nicht die Erfindung, sondern<br />
eine Wiederentdeckung des selbständigen <strong>Lernen</strong>s.<br />
Es stellt sich die Frage, ob die gewohnte Institutionalisierung der beruflichen<br />
Bildung obsolet wird, wenn sich schnell verändernde Lerninhalte in Arbeits<strong>und</strong><br />
Lebenszusammenhängen außerhalb pädagogischer Arrangements angeeignet<br />
werden. Welche Konsequenzen ergeben sich aus dieser Entwicklung<br />
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