Arbeiten und Lernen - ABWF
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des verfrüht, schon von einem kohärenten Konzept auszugehen. Aber immerhin<br />
zeichnet sich im Diskurs ein mehrdimensionales Ziel-Konstrukt ab. So<br />
stimmen alle Autorinnen <strong>und</strong> Autoren in der gr<strong>und</strong>legenden Annahme eines<br />
für neue Lernkulturen erweiterten Lernbegriffs überein. Die neue Perspektive<br />
bezieht ausdrücklich das informelle <strong>und</strong> selbstorganisierte <strong>Lernen</strong> ein (z.<br />
B. Belanger 2000; Knoll 1999, S. 134). Sie hebt sich einerseits gegenüber der<br />
Ist-Kultur organisierter Weiterbildung ab, andererseits sucht sie mit ihr eine<br />
neue Synthese, indem unterschiedliche Orte <strong>und</strong> Formen des <strong>Lernen</strong>s <strong>und</strong><br />
Wissens in der Einheit des Bildungssubjekts einander vernetzt werden. Wer<br />
vor diesem hier nur andeutbaren Hintergr<strong>und</strong> eine neue Lernkultur tatsächlich<br />
initiieren oder die schon bestehenden Innovationskräfte zu einer offenen<br />
<strong>und</strong> vitalen “Lern- <strong>und</strong> Wissensgesellschaft” sozial verbreitern will, muss an<br />
einer erschließenden, unterstützenden Realitätsarbeit interessiert sein. Dafür<br />
eröffnet das eingangs erwähnte Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsprogramm<br />
eine große Chance. Indem es Relevanzkorridore für die Entwicklung “neuer”<br />
Lernkulturen aufzeigt, ihre exemplarische Viabilität auslotet, vermag es im<br />
Sinne eines “Sauerteigs” (Eduard Weitsch) zu wirken. Diese Erwartung begründet<br />
sich nicht zuletzt durch die regionale Diversifizierung des Forschungs-<br />
<strong>und</strong> Entwicklungsprogramms.<br />
Solch ein Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsprogramm nähme darüber hinaus<br />
ein erwachsenenpädagogisches Desiderat auf, wenn in sein Erkenntnisinteresse<br />
die regionale Bedingtheit von Lern- <strong>und</strong> Kompetenzentwicklungsprozessen<br />
im Erwachsenenalter einbezogen würde. In der erziehungs- <strong>und</strong> sozialwissenschaftlichen<br />
Diskussion zur Erwachsenenbildung wurde “Region”<br />
als basaler Kontext für <strong>Lernen</strong> bislang weitgehend ausgeblendet. Dieses<br />
Versäumnis steht in einem krassen Missverhältnis zu der vermutlich hohen<br />
Bedeutung, die regionale oder lokale Faktoren für Lernprozesse haben dürften.<br />
Die thematische Hintanstellung sozialräumlicher Kontextbedingungen beim<br />
Erwachsenenlernen resultiert zum einen aus einer Institutionenfixierung, die<br />
lange Zeit beim Erwachsenenlernen vorherrschte. Aufgr<strong>und</strong> dieser Einengung<br />
gerieten die sozialökologischen Implikationen von Bildungsprozessen<br />
aus dem Blickfeld (Brödel 2000, S. 11). Zum anderen hat die empirische Weiterbildungsforschung<br />
regionale Milieu- <strong>und</strong> Rahmenbedingungen häufig<br />
ausgeblendet oder untersuchungsmethodologisch verkürzt behandelt. Dieses<br />
Problem lässt sich exemplarisch an der “Oldenburger Studie” (Schulenberg<br />
u. a. 1979) aufzeigen, wo die Untersuchungsvariable Region lediglich<br />
als “Wohnregion” operationalisiert wird:<br />
“Die Weiterbildungsteilnahme ist in städtischen oder stadtnahen Wohnregionen<br />
größer als in ländlichen, <strong>und</strong> sie steigt mit der Größe des Wohnorts.<br />
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