"Fremdhäßige", Handwerker & Genossen - Johann-August-Malin ...

"Das sehr späte Einsetzen der Wahlagitation ", wurde selbstkritisch
zu guter Letzt angemerkt, "der künstlich genährte Glaube,
'es werde schon gehen', (trug) außer der schlecht angelegten
Wählerliste - aus echt österreichischer Gemütlichkeit, die schon
an Schlamperei grenzte, wurde natürlich nicht reklamiert - die
Hauptschuld an dem Siege der Klerikalen. " 66 /
Zur hausgemachten Dauerkrise kam noch eine erfolgreiche Taktikund
Strategierevision des Hauptgegners. Statt die Sozialdemokraten
frontal anzugreifen und ihnen damit neue Sympathisanten zuzutreiben,
setzte Pfarrer Ulmer nunmehr auf eine flexiblere Politik.
Er forcierte einerseits unter kräftigster Mithilfe des seit 1903 in der
Gemeinde tätigen Kaplans Guntram Nagel den Aufbau einer eigenen
katholischen Arbeiterbewegung, andererseits gelang es ihm,
einen für die Genossen höchst unliebsamen Keil in das 'rot-blaue'
Bündnis zu treiben. Es glückte ihm, den Vorsteher und Ortsschullehrer
Jussei auf seine Seite zu bringen und gemeinsam mit ihm 183
unter anderem die Musik zu zwingen, endlich nicht mehr für den
Arbeiterbildungsverein zu blasen. 662
Die Sozialisten, die damals auch landesweit in einem Tief
steckten, wußten auf die neue Situation nur mit persönlichen und
unqualifizierten Angriffen zu reagieren:
"Als armer Schlucker kam er nach Hard und suchte nicht ungern
Anschluß an die organisierte Arbeiterschaft. Man hätte ihnfastfür
einen Sozialdemokraten halten können", denunzierten sie Vorsteher
fussel. "Nun aber ist der arme Schullehrer zu einem Vermögen
gekommen - auf eine Weise, die geistige Anstrengung nicht erfordert
-, und futsch ist die radikale Gesinnung. " 663
Nach jahrelangem Kampf, in dessen Verlauf sich beide Seiten
nichts schuldig geblieben waren, resignierte schließlich Franz UImer.
Er ließ sich 1907 in die ruhige Pfarrgemeinde Andelsbuch im
Bregenzerwald versetzen. 664 Den letzten Ausschlag für diesen Ent-