"Fremdhäßige", Handwerker & Genossen - Johann-August-Malin ...

2.6. KURZE KONJUNKTUR: GESELLEN, LIBERALE
BÜRGER
Die sozialdemokratische Bewegung in Hohenems
Neben Hard gehörte nur Hohenems zu jenen Vorarlberger Landgemeinden,
in denen bereits in den 1870er Jahren ein Arbeiterbildungsverein
gegründet wurde. Anfang 1874 hatte ein Proponentenkomitee
unter Führung dreier bei Meister Ferdinand Waibel beschäftigter
Schuhmachergesellen die Statuten bei der Behörde eingereicht,
die per 29. April von der Statthalterei Innsbruck genehmigt
wurden. 828
Dem Hohenemser Verein, der sich als einziger der Region nicht
mehrheitlich zu sozialistischen Positionen bekannte, blieb das Verbot
von 1877 erspart. Vier Jahre später sahen sich dann allerdings
die moderaten schulze-delitzschianischen 'Selbsthilfler' in die Mi-
238 norität gedrängt, worauf sie unter Führung von Anton Wolf einen
eigenen Gesellenverein gründeten. 829
Da den 'Roten' die Existenz von zwei Organisationen mit den
gleichen Rekrutierungsfeldern ein Dorn im Auge war, versuchten
sie, den konkurrierenden Verein zu unterwandern. Die Folge: Nach
heftigen Auseinandersetzungen reichten die führenden Exponenten
der beiden feindlichen Lager wechselseitig Ehrenbeleidigungsklagen
ein, die jedoch auf Intervention von Bürgermeister Waibel
zurückgezogen wurden. 830 Als die Behörde den sozialistischen Verein
im April 1883 auflöste, waren die Genossen gezwungen, sich
unter Verzicht auf exponierte politische Positionen in die Obhut
des gemäßigten Gesellenvereins zu begeben. 831
Die 1890 erfolgte Übersiedlung des damals bereits 47jährigen
Wiener Schneidergesellen Josef Thallacker brachte wieder ein
bißchen Leben in die lethargische sozialistische Gruppe im Gesellenverein.
832 Thallacker, der bis 1897 in Hohenems blieb, "war es,