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"Fremdhäßige", Handwerker & Genossen - Johann-August-Malin ...

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Zur Illustration, welche Familiendramen sich aus einem sozialdemokratischen<br />

Engagement entwickeln konnten, sei hier eine kleine<br />

Begebenheit zitiert, die sich unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg<br />

- in einer weitaus 'aufgeklärteren' Zeit - ereignete:<br />

"In der Küche weinte eine Mutter, ein Besucher fragte warum. Sie<br />

weinte weiter. Der Besucher erhielt keine Antwort. Er ging ins<br />

Zimmer, wo Sohn und Tochter anwesend waren. Auf Befragen,<br />

warum die Mutter weint, erhielt er die Antwort: 'Ja, die weint<br />

schon den ganzen Tag, weil ich zum Hirschen in die Soziversammlung<br />

ging anstatt zur Kongregation.' "191<br />

Im Unterschied zu Dornbirn bestand die sozialdemokratische Organisation<br />

in Bregenz fast nur aus zugewanderten <strong>Handwerker</strong>n<br />

und Eisenbahnern. Der spätere Nationalratsabgeordnete Adolf<br />

Laser, der als walzender Tischlergeselle auch am Bodensee einige<br />

Zeit Station gemacht hatte, brachte später einmal zu Papier:<br />

"Noch um die Wende des 20. Jahrhunderts gabs in der Bregenzer<br />

Organisation wenig und gar keine einheimischen Arbeiter, obgleich<br />

es in den Fabriken und Werkstätten an solchen nicht<br />

fehlte. Zu sehr stak ihnen noch der 'Nur- Vorarlberger' in den<br />

Knochen. "192<br />

Die vom Skandal um Pechota ausgelöste schwere Krise der Bewegung<br />

traf Bregenz im Unterschied zu anderen Ortsgruppen nicht<br />

ins Mark. Der von Laser beschriebene extrem hohe Anteil an<br />

'Fremdhäßigen' erwies sich in diesem Falle als Vorteil. Die Zugewanderten<br />

bildeten ein geschlossenes soziales Milieu und zeigten<br />

sich vom Geschehenen relativ unbeeindruckt. Daher wurde nun<br />

Bregenz ausersehen, Sitz der landes weiten Partei- und Gewerkschaftsleitung<br />

zu werden und diese Gremien auch personell zu besetzen.<br />

193 Zum besseren Verständnis: Es war aufgrund der noch sehr<br />

unterentwickelten Kommunikations- und Verkehrstechnik unprak-<br />

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