"Fremdhäßige", Handwerker & Genossen - Johann-August-Malin ...

1.2. DURCHBRUCH UND ERMATTUNG (1893-1899)
Seit der Telfser Konferenz bemühte sich die Innsbrucker Leitung,
die träge sozialdemokratische Bewegung im hochindustrialisierten
Westen durch regelmäßige Interventionen aus ihrer Lethargie zu
reißen. Zu diesem Zweck war der Schlossergeselle Ignaz Leimgruber
35 1890 für drei Monate als Emissär über den Arlberg geschickt
worden. Zwei Jahre später folgte ihm der böhmische Schneidergeselle
Johann Coufal (sprich: Zufal),36 der im Sommer 1892 in Feldkirch
die Gründung eines Arbeiterbildungsvereines initiierte. 37
Die beiden Missionen - besonders jene Leimgrubers - zeitigten
zunächst nur mäßigen Erfolg: Das repressive politische Klima lastete
nach wie vor auf den versprengten sozialistischen Gruppen im
Land. Anfang 1893 aber ging der Bewegung plötzlich 'der Knopf
auf'. Zunächst reichten der aus Polna in Böhmen stammende Carl
Joscht sowie der aus Eschenau in Niederösterreich zugezogene Rudolf
Spendelhofer Statuten für einen Politischen Verein für Vorarl- 19
berg bei der Innsbrucker Statthalterei ein, welche diese am 25. Jänner
1893 vidierte. 38 Damit war ein neuer agitatorischer Rahmen gespannt,
der der Bewegung eine politische Offensive ermöglichte,
die alles Bisherige weit in den Schatten stellte. Das Vereins gebiet
erstreckte sich - wie schon im Namen niedergelegt - auf das ganze
Land; somit konnten die Genossen auch in Orten, an denen sie
nicht mit einem Arbeiterbildungsverein vertreten waren, zu Versammlungen
aufrufen.
Als weiterer strategischer Schritt erfolgte eine nunmehr auf
Dauer angelegte Übersiedlung der beiden Agitatoren Coufal und
Leimgruber nach Vorarlberg. Diese begannen unverzüglich, "Versammlung
auf Versammlung"39 zu organisieren und damit die politische
Szene im Lande - zunlindest für ein paar Monate - in helle
Aufregung zu versetzen. Macht man sich die Mühe, die öffentlichen
und halböffentlichen Aktivitäten der sozialistischen Bewe-