"Fremdhäßige", Handwerker & Genossen - Johann-August-Malin ...

Im Unterschied zu den Schneidern und Schustern, die sich schon
mit einem geringen Betriebskapital selbständig machen konnten,
gab es in der Bregenzer Partei keinen sozialdemokratischen Tischlermeister,
bei dem die bei den Genossen hätten Aufnahme finden
können. Aus einem nichtigen Anlaß resultierte somit eine weitere
Prolongierung der Krise: Die oberste Partei- und Gewerkschaftsleitung
des Landes war durch einen Jausenhol-Konflikt in einer
Tischlerwerkstätte aus den Angeln gehoben worden.
Nachfolger von Schwinghammer - der die großspurige Kampfansage
von Herzen gern rückgängig gemacht hätte - wurde der
Schaffner Franz Schrattenecker. ' 97 Der bemühte, jedoch etwas umständlich
denkende und redende Mann war offensichtlich von seiner
Aufgabe heillos überfordert. ' 98 Bereits seit längerem das Ziel
von Schikanen seiner Vorgesetzten, namentlich von Bahninspektor
Gaßmann, ging nun ein unglaubliches Kesseltreiben gegen ihn los.
Ende 1904 beklagte er sich in einem Brief an die Wiener Parteizen- 53
trale:
"Ein volles Jahr wird gegen mich mit Hochdruck gearbeitet. Ein
Disziplinarurteil und mehrere Ordnungsstrafen wurden mir durch
die himmelschreiendsten Gemeinheiten diktiert. Der Inspektor
Gaßmann denunziert mich in der unglaublichsten Weise, und die
Direktion nimmt alles für bare Münze, um gegen mich ins Feld
ziehen zu können. "199
Von der schwer angeschlagenen Partei weitgehend im Stich· gelassen,
resignierte Schrattenecker vor den Sekkaturen seiner Vorgesetzten
und zog sich schließlich zermürbt aus der Bewegung
zurück. Damit war auch das 'Bregenzer Intermezzo' mit äußerst
geringem Erfolg zu Ende gegangen.
Anfang 1905 versuchte die provisorische Führung der SDAP
- nunmehr erneut in Dornbirner Hände gelegt _ ,200 die vor sich hindümpelnde
Bewegung wieder auf Vordermann zu bringen. Zu die-