"Fremdhäßige", Handwerker & Genossen - Johann-August-Malin ...

1.3. 'Los VON TIROL' UND DIE ERRICHTUNG DES
ERSTEN PARTEISEKRETARIATES (1899-1903)
Gegen Ende der 1890er Jahre verbreitete sich parteiintern das Mißbehagen
über die Ineffizienz der Bewegung immer mehr. Wollte
man nicht weiterhin auf der Stelle treten und "Jahr(e) der Ruhe"147
erleben, so mußte eine gründliche Reorganisation Platz greifen
- und vor allem mußte ein redegewandter Agitator her.
Die erste Aufgabe glaubte man durch eine Flucht nach vorne lösen
zu können. Auf einer Kreiskonferenz im Februar 1899 forderten
einige Delegierte, sich von der Tiroler SDAP zu trennen. 148 Obwohl
dieser Schritt eher organisatorische Nachteile brachte, kamen
die Sezessionisten überraschenderweise nach kurzer Debatte mit
ihrem Antrag durch. 149 Mit diesem Sprung ins kalte Wasser - er
war weder mit der regionalen Parteileitung noch mit den konsternierten
Innsbruckern abgesprochen 150 - verband ein großer Teil der
Basis die Hoffnung, daß "die Tätigkeit der Organisation gehoben 39
werden könne". 151 Diese Erwartung erfüllte sich allerdings nicht.
Im Gegenteil: Das Parteizentrum Dornbirn geriet in den Monaten
unmittelbar um die Jahrhundertwende in so heftige Fraktionskämpfe,
daß die Landesparteileitung an die kleine, aber intakte
Lokalorganisation Rankweil abgegeben werden mußte. 152
Trotz dieser Krise verfolgte man weiterhin hartnäckig den Plan,
einen Partei- und Gewerkschaftssekretär anzustellen. Als Wunschkandidat
galt der aus Böhmen stammende spätere Reichsratsabgeordnete
Vilem (Wilhelm) Cerny, der Ende Februar/Anfang März
1899 eine Versammlungstour im Lande abgehalten hatte. 153 Weiters
waren der philosophisch ambitionierte Tiroler Bauer Johann Filzer
sowie der aus der Schweiz ausgewiesene Tischlergeselle Josef Harrich
im Gespräch. Cerny hatte kein Interesse an einer Übersiedlung
nach Vorarlberg, Filzer war in den Augen vieler Genossen ein sympathischer
'Spinner', dem man die Leitung der Organisation nicht