Gutachten (PDF) - Professur Datenschutz und Datensicherheit ...
Gutachten (PDF) - Professur Datenschutz und Datensicherheit ...
Gutachten (PDF) - Professur Datenschutz und Datensicherheit ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
B. Kopie der digitalen Güter<br />
von § 53 Abs. 1 UrhG garantiert – über den Tatbestandsausschluss von § 106 UrhG – Straflosigkeit,<br />
indem er es als zulässig erklärt, „einzelne Vervielfältigungsstücke eines Werkes zum<br />
privaten Gebrauch herzustellen“. Die Beschränkung dieser Regelung auf Fälle der Benutzung<br />
einer rechtmäßigen Vorlage lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen. Eine derartig<br />
gr<strong>und</strong>legende Entscheidung wie die Beschränkung von § 53 UrhG auf rechtmäßige Kopiervorlagen<br />
kann daher auch nicht vom Strafrichter getroffen werden, sondern nur vom demokratisch<br />
legitimierten Gesetzgeber, der sich im übrigen bisher bei den Beratungen des Gesetzes zur<br />
Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft 285 um diese Entscheidung gerade<br />
„gedrückt“ hat. Angesichts dieser Regelungsabstinenz des Gesetzgebers ist es zwar geboten,<br />
dass die Judikative im Bereich des Zivilrechts eine Entscheidung trifft. Die – massiv in Gr<strong>und</strong>rechte<br />
der Bürger eingreifende – Strafbarkeit der entsprechenden Handlungen kann auf diese<br />
Weise <strong>und</strong> ohne gesetzliche Entscheidung jedoch nicht begründet werden.<br />
Damit tritt allerdings das Problem auf, wie diese engere strafrechtliche Auslegung mit der oben<br />
als vorzugswürdig beurteilten zivilrechtlichen Auslegung zu vereinbaren ist. Soweit die Literatur<br />
diese Problematik einer möglichen „Normspaltung“ sieht, werden zwei unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten<br />
vorgeschlagen: 286 Zum einen kommt in Betracht, unter dem Gesichtspunkt<br />
der „Einheit der Rechtsordnung“ die strafrechtliche Auslegung auch auf die zivilrechtliche Auslegung<br />
zurückwirken zu lassen. Dies hätte den Vorteil, dass § 53 UrhG sowohl für die zivilrechtliche<br />
Beurteilung als auch für die strafrechtliche Beurteilung den gleichen Inhalt hätte. Bei Gesetzen,<br />
die (wie z.B. das Urheberrechtsgesetz oder das B<strong>und</strong>esdatenschutzgesetz) umfassende<br />
akzessorische Strafnormen aufweisen, hätte eine solche Auslegung allerdings zur Folge, dass<br />
weite Teile der zivilrechtlichen <strong>und</strong> der verwaltungsrechtlichen Bestimmungen den strafrechtlichen<br />
Auslegungsgr<strong>und</strong>sätzen unterworfen würden. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e ist es zumindest für<br />
primär zivilrechtliche oder verwaltungsrechtliche Gesetze mit weitreichenden akzessorischen<br />
Strafbestimmungen vorzugswürdig, die bezuggenommenen Normen nur für ihre strafrechtliche<br />
<strong>und</strong> nicht auch für ihre zivilrechtliche <strong>und</strong> verwaltungsrechtliche Funktion den strengeren<br />
Auslegungsgr<strong>und</strong>sätzen des Strafrechts zu unterwerfen. Diese „Normspaltung“ hat auch den<br />
Vorteil, dass das Strafrecht dadurch seine Funktion als ultima ratio des Rechtsgüterschutzes gerade<br />
in Rechtsgebieten entfaltet, in denen durch umfassende akzessorische Strafbestimmungen<br />
eine weitreichende Strafbewehrung aller zivil- <strong>und</strong> verwaltungsrechtlichen Verbote <strong>und</strong> Gebote<br />
erfolgt. In dem vorliegend untersuchten Bereich ermöglicht dieses Vorgehen auch, dass trotz<br />
der fehlender Strafbarkeit der Fertigung einer Privatkopie von einer rechtswidrig hergestellten<br />
Vorlage die so erstellte Kopie eine rechtswidrige Vervielfältigung bleibt, gegen die mit zivilrechtlichen<br />
(insb. Vernichtungs-)Ansprüchen vorgegangen werden kann. Die Beurteilung der<br />
Privatkopie als rechtswidrig schließt dabei de lege ferenda die Statuierung von Pauschalvergütungen<br />
für die Rechteinhaber (vor allem aufgr<strong>und</strong> eines Erst-Recht-Schlusses) nicht zwingend<br />
aus; bei einer eventuellen Konzeption entsprechender Vergütungssysteme sollte jedoch ein Nebeneinander<br />
von Individualvergütungssystemen <strong>und</strong> Pauschalvergütungen angestrebt werden.<br />
3. Ergebnis<br />
Die empirische Analyse in Teil 2 hat gezeigt, dass bei allen digitalen Gütern die den Urheber <strong>und</strong><br />
Verwertungsberechtigten primär schädigende Handlung in der Erstellung der Kopie durch den<br />
285. Siehe oben Fn. 238.<br />
286. Vgl. dazu m.w. Nachw. Sieber, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Rechts, Teil 19 Rn. 213;<br />
Tiedemann, Datenübermittlung als Straftatbestand, NJW 1981, 945.<br />
143